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llydn Joseph 409 Haydn Joseph
aber von Haydn selbst öfter als nnrichtig
bezeichnet wurde, dürften sich wohl durch
die in der „Gallerie der berühmtesten
Tonkünstler" (Erfurt 1816, Karl Müller,
kl. 8".) S. 79, gegebene Bemerkung:
„geboren in der Nacht vom 3l. März"
auf dcn 1. April erklären lassen. Haydn
war das älteste Kind aus seines Vaters
Mathias, eines Wagners von Profes»
sion, erster Ehe mit Mar ia Koller;
auch das älteste von 14, nicht wie es in
Ersch und Gruber's „Encyklopädie",
I I . Section, 3. Theil, S. 243, steht, von
20 Geschwistern; ein Bruder Johann
Michael's, des berühmten Kirchencompo»
nisten ^s. d. Folgenden^ und Johann's
Evangelist (geb. 23. December 1743,
gest. 20. Mai 1803), der als Sänger
in fürstlich Eßterhäzy'schen Diensten stand.
Die armen Eltern konnten wenig für die
Erziehung ihrer Kinder thun, und Franz
Joseph, oder wie er gewöhnlich einfach
genannt wird, Joseph, brachte die Kin-
derjahre im Vaterhause zu. Der Vater
selbst besaß eine gute Tenorstimme, hatte
auf seinen Wanderungen in Frankfurt
a. M. etwas die Harfe spielen erlernt
und sehte nach gethaner Arbeit seine an-
spruchslosen musikalischen Uebungen fort.
Dieß waren die ersten musikalischen Ein«
drücke, die Joseph im Elternhause em»
pfing, deren er aber noch im hohen Alter
mit inniger Freude gedachte. Der Schul-
lehrer des Ortes hatte bei diesen Fcnni-
lienconcerten bemerkt, daß der kleine
Joseph mit auffallender Richtigkeit den
Tact einhielt, und rieth den Eltern, ihren
„Sepperl" (im österreichischenDialect das
Diminutiv für Joseph) nach Haimburg
in die Schule zu schicken. Die Eltern, die
es immer wünschten, ihrSohn möchte ein
Geistlicher werden, gingen auf den Vor«
schlag ein und Joseph kam zum Schul-
rector nach Haimburg. Dort erhielt er Unterricht in den Elementargegenständen
und in verschiedenen Blas- und Streich-
instrumenten. Als einst der Wiener Dom-
capellmeister Reuter den Dechanten von
Haimburg besuchte und im Gespräche
fallen ließ, daß er auch Chorknaben
suche, fiel diesem der kleine Haydn ein,
deffen Glockenstimme ihm in der Kirche
längst aufgefallen war. Joseph wurde
herbeigerufen, und als er das Probestück,
einen Triller zu schlagen, nach ein Paar
Versuchen glücklich loste, nahm ihn
Reuter als Chorknaben bei St. Stephan
auf, und alsbald vertauschte Joseph
Haimburg mit dem Capellhause bei St.
Stephan in Wien. Nun begannen
Haydn's Lehr» und Leidensjahre. Als
Chorknabe erhielt H. anfanglich jenen
Unterricht, den er in seiner Eigenschaft
nöthig hatte; alö er in kurzer Zeit das
Nöthige sich angeeignet hatte, trat im
Unterrichte ein dauernder Stillstand ein.
Reuter bekümmerte sich wenig um seine
Zöglinge, und obwohl Haydn über sei»
nen Lehrer in der spätem Zeit nie klagte,
ist es doch aus einigen seiner harmlos
hingeworfenen Aeußerungen zu errathen,
daß sein Lehrer an ihm nicht wie er
sollte gehandelt, und daß Haydn's
Tage als Chorknabe eben nicht rosig
waren. Schon als solcher versuchte sich
H. in der Composition, und eine im
Jahre 1742 — also im Alter von
10 Jahren — für Singstimmen com«
ponirte Messe fand er im hohen Alter
unter seinen Papieren auf und hatte
eine große Freude darüber. Reuter
hatte — um Haydn's Glück zu grün«
den — die löbliche Absicht, ihn zum
Castraten zu machen (!), und deßhalb
schon bei Joseph's Vater angefragt,
der aber sich sogleich nach Wien auf den
Weg machte, um dieses Unheil zu verhü«
ten. Da H. mutirt hatte und also als
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Volume 8
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hartmann-Heyser
- Volume
- 8
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1862
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon