Page - 114 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Hartmann-Heyser, Volume 8
Image of the Page - 114 -
Text of the Page - 114 -
Haydn Joseph Daydn Zoseph
aufgeführt zu sehen wünschte, so waren
damals (1186) — ganz so wie noch
heute — Neid und Cabale starker als des
Kaisers Wunsch und Haydn's Ruhm;
denn ganz gegen des Letztern Willen fand
die Vertheilung der Rollen Statt, so daß
H. die Partitur selbst zurückzog und der
Kaiser dieses Werk erst im Theater des
Fürsten Eßterhäzy in dessen Schlosse
zu hören bekam. Wahrend der Zeit, als
H., von seiner ersten Reise aus England
heimgekehrt, in Wien lebte, sind vornehm-
lich zwei Umstände bekannt; der Kauf
seines Häuschens Nr. 84 in der kleinen
Steingasse auf der Windmühle, welches
zwar seit Haydn's Tode in andere
Hände übergangen war, aber doch 4840
in finniger Weise (am 4. Juni) den blei»
benden Namen „Zum Haydn" und eine
Gedächtmßtafel mit Haydn's Namen
erhielt; und die von ihm selbst am 22.
und 23. December 1793 dirigirte Auffüh.
rung von 6 seiner für London geschriebe»
nen Symphonien, welche zum,Besten der
Witwen und Waisen im Wiener kais.
Nationaltheater stattfand. Hatte Haydn
die Erlaubniß seines Fürsten zur ersten Lon-
doner Reise ohne Schwierigkeit erhalten,
so wurde ihm dieselbe zur zweiten Fahrt
nicht so leicht ertheilt;' aber doch gelang
es seinen wiederholten Bitten, sie zu
erhalten, und am 19. Jänner 1794 trat
er seine zweite Fahrt nach England an, wo
er am 4. Februar in London eintraf und
bis zum 13. August 1793 verblieb. Auch
die Erfolge dieses zweiten Aufenthaltes
blieben hinter jenen des ersten in keiner
Hinsicht zurück. Es waren dieselben, wenn
nicht gesteigerte Ehren und Auszeichnun»
gen von Seite des Hofes und der Privaten,
dieselben übervoll besuchten Concerte, die»
selben lucrativen Anträge von Honoraren
für Kompositionen und — dieselbe glück-
liche Stimmung Haydn's zum Schaffen, so daß er während seines Doppelaufenlhal»
tes in England eine Reihe von Tonwerken
schuf, die noch mehr bewundert wurden
als die früheren und von Kennern hoch
geschätzt werden. Haydn hatte in seinem
Tagebuche ein Verzeichniß jener Tonwerke
niedergeschrieben, welche er in England
geschaffen, seine beiden Biographen, Dies
(S. 219) und Griesinger (S. 33)
haben es mitgetheilt. Wie schon bemerkt
worden, war die künstlerische Ausbeute
seines Doppelaufenthalteö in England
überraschend groß. Sie betragt nach
Blättern gezählt 768 Blätter, und dar-
unter eine Oper: »O?/so« (100 Bl.),
12 große Symphonien, deren Anfänge
Th. G. von Karajan in seiner schon er«
wähnten Monographie (S. 116) aus
einem Londoner Verlagscataloge veröf«
fentlicht, weil man bisher in deutschen
Büchern genaue Angaben über dieselben
vermißte; der Chor: „Nrr Stnrm" (20Bl.),
6 Quartetten (48Bl.). 3 Märsche (4Bl.).
darunter einer für den Prinzen von Wales,
24 Menuetten und Deutsche (12 Bl.),
„Nie zchiGebate Gottes" (6 Bl.), 230 schot-
tische Gesänge, von denen er das erste
Hundert für den durch Schulden ganz
herabgekommenen Musikhändler Nepire
schrieb, welche bald solchen Absatz fanden,
daß Nepire aus seinen Schulden kam
und Haydn ein ansehnliches Honorar
bieten konnte. Am 20. August 1793
kam H. von seiner zweiten Londoner
Reise nach Wien zurück, und durch
eine ansehnliche Geldrente in den Stand
einer wohlverdienten Wohlhabenheit ver-
setzt, lebte er nun seiner Muße und der
Kunst, in dieser letzteren aber im Winter
seines ZebenS — denn Haydn zählte
bereits 63 Jahre — eine Reihe von Mei<
sterwerken erschaffend, die seinem Namen
die Unsterblichkeit sichern, wenn er
sie
sich
nicht schon durch seine früheren Arbeiten
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Volume 8
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hartmann-Heyser
- Volume
- 8
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1862
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon