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Haydn Joseph 137 Haydn Joseph
Dieser Lichtschirm, dessen Verse der Barde
Denis gedichtet, war einer Mittheilung der
Blätter für Musik, Theater und Kunst" 1536,
Nr. 74, S> 296, zu Folge, im Jahre 1836 zum
Verkaufe ausgeboten.
4) Haydn'ö Visitenkarte.
Eine solche — der Herausgeber besitzt sie selbst
— aus dem Jahre 1807 enthält folgende
Noten:
ist al - le nm« ne
Kraft alt und schwach bin ich.
' Diese Stelle ist aus seinem letzten, dem Grafen
Fries dedicirtcn Quartette, welches er un»
vollendet gelassen, richtiger dem 10. Gesänge
sciner bei Breitkopfund Härtet erschienenen drei<
und vierstimmigen Gesänge, entnommen; da
ihm die Kraft fehlte, es zu beenden, deutete er
diesenNmstand im obigen, Wchmuth erregenden
Adagio an, welches er an Stelle des fehlenden
Allegro hinschrieb ^Journal des Luxus und der
Moden 1807, März, S. 189; — Griesinger,
S. 78). "- S tad ler beantwortete diese
Visitenkarte mit einem kleinen Duette, welches
Griesinger, S. 79, mittheilt.
6) Haydn's Schüler.
Haydn hat folgende Schüler gebildet:
Hof fmann ein Tiefländer, Kranz in Stutt-
gart, Anton Wranihky, Lcssel, Fuchs
in Eßterhäzy'schcn Diensten, Tomisch, Graf,
Specht, P lcye l , Hensel, Destoucheö,
Struck, zwei Brüder Pu lcc l l i undNcu-
k o m m.
XVI. Urtheile über HalM den Menschen und
Künstler. Ein treffendes Urtheil über H. füllt
Pastor Tr ief t in der Leipziger Musik-Zeitung
1509, Nr. 24. Es lautet: „Alles vereinigt sich
in ihm, um ihn zum grüßten Instrumental»
eomponisten zu erheben. In seiner Jugend
war er (wie Grau n, H asse, Schultz u. A.)
ein sehr beliebter Sänger. Er studirte die
großen italienischen Meister, und wer wird
sich nun darüber wundere, daß er uns so
herrliche Melodien gab, daß alles in seinen
Werken, auch in den oerwickeltsten Stellen, so
schön singt, daß seine Hauptsahe im ernsthaften
wie im komischen Style eine so bedeutende
kraftvolle Simplicität haben, welche sogleich das Gefühl des Kenners wie des Liebhabers
mit sich fortreißen. Hiemit verband er das
innigste (durch Bach's und andere Werke
genährte) Studium der Harmonie, deren
Früchte die kühnsten, überraschendsten und dabei
nichts weniger als barokken Modulationen
sind, wodurch es uns begeistert. Nun nehme
man dazu die Kenntniß des eigenthümlichen
Charakters der Instrumente und ihrer Wir<
kungen, und alles dieß vereinigt mit der sel-
tensten Originalität eines Kopfes, der auch in
der ungeheuren Menge seiner Werke weder
andere, noch sich selbst copirt, ob er gleich
seine eigene unverkennbare Manier hat (wie
jeder bei einem untergeschobenen Werke hört,
der nur etwas von H. kennt), so steht schon
um deßwillen unser großer Meister zwar be»
wunderungswürdig, aber nicht unbegreiflich
vor uns da. — Doch hiemit sind die Ursachen
seiner Größe noch nicht alle angegeben. Die
Quintessenz derselben scheint mir in der aus>
nehmend leichten Handhabung des Nhyth-
mus, worin ihm keiner gleichkommt, und in
dem zu liegen, was der Engländer Humor
nennt und wofür das deutsche Wort „3aune"
nicht ganz paßt. Ans dieser letzteren Eigen-
schaft läßt sich sein Hang zu komischen Wen«
düngen und das noch größere Gelingen dieser,
als der ernsthaften erklären. — Wollte man
auch hier eine Parallele mit anderen t>e->
rühmten Männern aufsuchen, so ließe H. sich
in Ansehung der Fruchtbarkeit seiner Phan-
tasie vielleicht mit unserem Jean Paul (die
chaotische Anordnung, wie sich versteht, abge-
rechnet; denn die lichtvolle Darstellung, luoi-
au« orclo, ist keiner von H.'s geringsten Vo»
zügen) vergleichen und in Ansehung feines
Humors, seiner originellen Laune (vis oa-
Mca,) mit Lor. Sterne. — Wollte man
ferner den Charakter der H.'schen Composi«
tionen mit zwei Worten angeben, so wäre er,
wie mich dünkt, kunstvolle Populari»
tät oder populäre (faßliche, eindringende)
Kunstsülle. Aber in welcher Gattung von
Tonkünsten ist H. wohl am größten und
musterhaftesten? Diese Frage muß man fast
bei jedem bedeutenden Tonkünstler in der
3. Periode thun, denn man fordert von ihm,
daß er nicht bloß viel, sondern auch vielerlei
schreibe. Nun ist es Zwar gewiß, ein echter
Künstler erregt in jedem Fache seiner Kunst,
das er bearbeitet, Interesse; aber es bleibt
auch ebenso ausgemacht, daß selbst das größte
Originalgenie, besonders zu einer Zeit, wo
die Kunst aus einer kleinen Pflanze zu einem
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Volume 8
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hartmann-Heyser
- Volume
- 8
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1862
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon