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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Hartmann-Heyser, Volume 8
Page - 138 -
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Page - 138 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Hartmann-Heyser, Volume 8

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Saydn Joseph 138 Haydn Joseph vielästigcn Baume herangewachsen ist, nur in Einem oder einigen Theilen derselben mit ausgezeichnetem Glücke arbeiten kann. Und so fürchte ich denn nicht, gegen das Urtheil der meisten Kenner und Kritiker anzustoßen, wenn ich folgende Classisication der Werke H.'s auf« stelle. Den ersten Rang nehmen unbezwrifelt seine Symphoni e n und Quartetten ein, worin ihn noch niemand übertroffcn hat. Den zweiten seine Komposit ionen fü r's (5lavier, dock) hierin nur durch das em« pfindungsvolle, zarte und bei aller Kunst« lichkeit faßlich hervorragende, denn in anderer Hinsicht möchten ihm (außer Mozart) auch noch manche neuere Claviercomvonisten, b» sonders Muzio Clcmenti mit seinem Feuer- gcist (ja vielleicht in der Folge, wenn sich das wild Schwärmende gelegt hat, ein Bee- thoven) den Rang streitig machen. Hier« nächst folgen scine Kirchen stücke und zuletzt seine Theaterwerke, soweit nämlich diese bekannt geworden sind. Den Beleg zu dieser Bemerkung gibt unter anderen sogar das Wcrk, welches so außerordentliche Sensation erregte (beinahe so viel wie. Mozart's Zau- berflöte) , nämlich „die Schöpfung". Von diesem Werke wage ich es Zu behaupten, daß es H.'s echtem Kunstruhme (nämlich nicht dem, deu der große Haufe gibt) weder etwas entziehen, noch etwas zusetzen könne. Die Chr« furcht gegen deu großen Mann darf uns nicht verblenden, die Forderungen der Aesthetik an ein solches Werk zu übersehen. Und was kann diese wohl zu einer in Musik gesetzten Natur- geschichte, oder Geogonie, wo die Gegenstände wic in einer magischen Laterne vor uns vor- übrrgchu; was kann sie zu den immerwah« renden Objectmalereien, zu dem Gemisch des Kirchen« und Theaterstyls (das uns zeigt wie weit es mit jenen in den dortigen Gegenden schon gekommen ist), mit einem Worte zu der Tendenz des Ganzen sagen? Muß es nicht jeden Verehrer H.'s schmerzen, die große Kraft dieses Mannes zum Nachtheile der Kunst (denn solche Beispiele, sind oft gefährlich) an einen Tert verschwendet zu sehen, der seiner nicht würdig ist? Wahrlich, der Urheber des alten mosaischen Sabbathliedes ließ es sich wohl nicht träumen, daß dieses noch am Ende des 18. Jahrhunderts mit allem Aufwande der modernen Tonkunst geschmückt, ein so großes Glück machen würde! — Nur dann dürften die überaus schönen herrlichen Chöre uns gegen die ästhetischen Mißgriffe der meisten übrigen Theile entschädigen, wenn man sich von den letzten (wie vielleicht mancher bei der Anhörung gewünscht hätte) den Text weg< denkt. — Genug, nach meiner (nöthigenfalls ausführlich zu vertheidigenden) Ueberzeugung kann dieses Werk als ein Ganzes Haydn's Ruhm nicht vermehren. Aber es kann ihm auch wenig oder nichts nehmen, denn der Tert kam ja nicht von ihm selbst, und es war also nicht seine Schuld, daß ihn dieser zu immer» wahrenden Darstellungen der Objecte, statt des Subjects, zwang. Außerdem schrieb er (und diesen Umstand wird man um der großen. Verdienste des Mannes willen nicht aus der Acht lassen) dieses Oratorium eigentlich für die Engländer*), welche noch an Händel's Regen- und Scbucemahlereieu gewöhnt sind, und welche, wenn sie ihrem Geschmacke treu bleiben wollen, in dieser Schöpfung eines der größten Meisterstücke finden müssen, die sie je. gehört haben. So hat also kein üomponist des vorigen Jahrhunderts so viel für die Aus- bildung der Instrumentalmusik gethan, als unser Vater I . Haydn. Keiner benutzte so ihre äußere und innere Kraft; keiner als er war im Stande sie mit der Gesangmusik in das gehörige Gleichgewicht zu stellen, sondern diese sogar zu nöthigen, daß sie gegen den Anfang des neuen Jahrhunderts alle ihre Kräfte aufbiethe, um nicht hinter jener zurück zu bleiben." — Der geistreiche W. G-Nie hl in der zweiten Folge seiner „musikalischen (5harakterköpfe" (Stuttgart 1860, Cotta) sagt S. l!0ö: „Die Romantiker sehen in Haydn vorwiegend nur den Mann der akademischen Alleinherrschaft, den Schulmeister, der die Kunstformen in ein unantastbares Dogma habe bannen wollen uud vergaßen, daß er es gerade, gewesen, der in seiner früheren Zeit solchen Vann gebrochen hatte; sie sahen in ihm den Doctor der Tonkunst. Und dieses Vorurtheil ist noch gar nicht ganz verhallt, denn die ästhetischen Parteian sichten leben sich ebenso langsam und nur uach den Stufen- jahren ganzer Geschlechter aus, wie die poli- tischen. Es vererbte sich nicht nur jene höchst einseitige Auffassung der letzten Periode unsers Meisters und übertrug sich auf dessen Gesammt« bild, sondern es gcricthen selbst seine frühereu Werke, die ihn vou einer ganz entgegengesetzten Seite charakleriftrrn, fast gänzlich in Berges» ' ) Tiefes ist irrig! H. sol l te die „Tchöpfung" für Hwic ten überredete ihn, sein Vorhaben zil ändern, und haydn schrieb sie fili Wien.
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Hartmann-Heyser, Volume 8
Title
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Subtitle
Hartmann-Heyser
Volume
8
Author
Constant von Wurzbach
Publisher
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Location
Wien
Date
1862
Language
German
License
PD
Size
13.41 x 21.45 cm
Pages
514
Keywords
Biographien, Lebensskizzen
Categories
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