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Haydn Michael 130
Gemüthe, indem sich die stärksten Gegensätze
in schönster Harmonie verbanden. Und in dieser
letzten Beziehung sind nicht wenige seiner Werke
kamn zu überbieten. Mozart und Joseph H.,
so wie Vogler reichten ihm den Siegerkranz.
Besonders interessant aber sind seine Composi-
tionen dadurch, daß sie fern von aller Glanz-
sucht, keinem Modegeschmacke huldigen, sondern
in jenem ernsten Geiste gearbeitet sind, welcher
der ewig blühende der Kunst und daher klas-
sisch zu nennen ist. I n dieser Hinsicht bleiben
sie ewige Muster; ebenso dienen sie, unser
Empfindungen zu veredeln, unfern Willen zu
heiligen und uns ;u jenem Puncte hinzuführen,
der im Leben, wie in der Kunst der höchste ist,
und welchen Christus trefflich bezeichnete, wo er
saate: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder,
werdet ihr nicht eingehen in das .Himmelreich".
Taher wäre auch sehr zu wünschen, daß seine
besseren Werke — die sich in der Abtei zu
St. Peter in Salzburg vollständig vorfinden
sollen — besonders in Partitur herausge-
geben würden, wobei sein treffliches Nntipho-
narium mit untergelegtem bezifferten Grund«
basse nicht zu vergessen wäre (ist bereits ge-
schehen, siehe S. 4 43, zu Ende der biogra-
phischen Skizze). Seine Tonstücke erfordern
aber sowohl einen gut besetzten Singchor (da
sein Hauptaugenmerk auf die Gesangpartie
gerichtet war), als einen Vortrag, der mit
Wahrheit und vielem Leben die musikalischen
Ideen auffaßt und sie mit begeistertem, ganz
durchdrungenem Gemüthe darstellt. Deßwegen
sollten Singstimmen und Instrumente dort, wo
sich nicht sehr gründlich gebildete Meister besin»
den, genau mit der Art des Vortragcs bezeichnet
werden." — Interessant zur Vergleichung, wie
seiner eigenthümlichen Anschauung wegen,
erscheint das Urtheil Oaßn er's, der nicht wie
die beiden Vorgenannten von Bewunderung
und Anerkennung dieses Genius erfüllt ist. Es
möge hier als Ergänzung und das Studium
dieses noch zu wenig gewürdigten und gekannten
Kirchencomponisten anregend folgen. Doch
muß der protestantische Standpunct, auf wel-
chem Gaßner steht und über katholische Musik
urtheilt, nicht übersehen werden. Gaßner
schreibt: „Was uns von ihm bekannt geworden
(namentlich die Iubilatmcsse in O, 1 Ialvo
Ii,ez;in3,, 2 Laivo reäsmtor, l Iv^ris und ein»
zelnes aus mehreren Messen und Motetten)
zeigt uns den geschickten, heiter andächtigen
Tonsetzer, der frischweg, und dabei die Aufgabe
und den Ort wohlbedcnkend, im Dienste der
.Kirche seinen Gesang ertönen ließ, wie er ihm eben gegeben war, ohne höheren Antrieb und
Gedanken (?). Nicht reinere oder tiefere Fröm-
migkeit war es, wenn er sich einfacher, mehr
im Niveau hervorgebrachter und allbequemer
Andachtigkeit hielt, als sein großer Bruder und
Mozart, sondern mindere Kraft und Erhe-
bung des musikalischen Vermögens, wie sich
denn auch in seinen Instrumentalsachen auch
das Unverkennbarste, das Naturell des Bru-
ders bei unendlich minderer (!) Kraft offenbart.
In beider Brüder Kirchensachen ist nicht die
Weihe und Salbung dcr großen, besonders
italienischen Meister ihrer Kirche, und noch
weniger die Treue und evangelische Tiefe der
großen Norddeutschen, sondern vielmehr eine
— man mochte sagen idyllische — Naturan»
dacht von den frischen, sinnlich erregten, war»
men LebenSpulscn des Süddeutschen gehoben.
Ader nur im älteren Bruder stürmt und sprw
delt diese sinnliche Lebenskraft so gewaltig auf,
daß wir uns fast besinnen müssen, ob das auch
noch ehrliches Christenthum ist und nicht T h i-
baut (Reinheit der Tonkunst) allein es leugnet.
Aber eben in diesem natürlich unschuldigen
Behagen blieb dem jüngeren Bruder die. An»
frchtung jenes Nachdenkens über sein Thun
erspart, gegen die ein bewußterer Geist sich nur
in harter Selbstüberwindung und christlicher
Demuth aufrecht erhalten kann. Denn nur
der christliche Gedanke vermag zu retten, gegen
wcn sich das Wort der Schrift wendet: Viele
sind berufen, Wenige aber auserwählet."
, Francesco (Historienmaler,
geb. zu Venedig 4791). Der Sohn
mittelloser Eltern, zeigte er früh Anlage
für die Kunst, welche jedoch damals, wie
in ganz Ilalien, so auch in Venedig,
in Verfall war. Insbesondere war die
Malerei in's Barocke ausgeartet und an
gut^n Meistern gab es Mangel. H ayez
kam in die Lehre des Malers Magiot to ,
der, obgleich auch ein Opfer des allge«
meinen Verfalles, doch unter den ver>
dorbenen Künstlern einer der mindest
Verdorbenen war. Magiot to hielt eine
Privatschule, da es damals in Venedig
eine öffentliche Akademie noch nicht gab.
Als dieselbe 1804 unter Cicognara's
Leitung ^Ad. I I , S. 369^ > begründet
wurde, trat auch H. in dieselbe und
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Volume 8
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hartmann-Heyser
- Volume
- 8
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1862
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon