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die Frankfurter Frage eine der Einheit
und den Interessen Oesterreichs verderb-
liche Richtung zu nehmen schien, mehrere
Sendschreiben „ an die Männer von Wien",
die aber in der überstuthenden Maffe der
Preßerzeugnisse jener Tage kaum in wem»
gen kleinen Kreisen zu einiger Beachtung
gelangten. Nach frühzeitig (Mitte Juni
1848) geschlossenem Sommercurse kehrte
er in seine Vaterstadt zurück, die er in
dem unheimlichen Zustande nach den
schreckensvollen Iuniereiguissen antraf,
wahrend zu derselben Zeit einige Fanatiker
im nördlichen Böhmen das Bestreben
anfachten, jene Theile loszureißen und
an Sachsen anzuschließen. Damals ließ
er in der Prager Zeitung anonym den
Brief: „Prag an die Männer von Aussig"
erscheinen, der bei jenen Separatisten
gewaltigen Zorn gegen ihn anfachte,
wahrend er ihm die Herzen von gleich»
gesinnten Patrioten aus dem Erzgebirge
gewann. Da eben die Wahlen für den
constituirenden Reichstag ausgeschrieben
waren, so setzw er sich in Bewerbung
und reiste nach Tachau. in dessen Wahl-
bezirke das Andenken seines dorther stam«
menden Vaters seinem ersten öffentlichen
Auftreten wesentlich zu Statten kam und
ihm, nicht ohne Kampf, den Sieg über
mehrere einflußreiche Nebenbuhler ver-
schaffte. I n den Reichstag eingetreten,
nahm er zuerst bei den Verhandlungen
über den Kudlich'schen Autrag wegen
Aufhebung des Unterthansverbandes
thatigen Antheil. Seine Hauptrede am
23. August ward durch das aus einem
Mißverständnisse Seitens der bäuerlichen
Abgeordneten entstandene stürmische In»
termezzo und die von ihm hiebei bewie«
stne Festigkeit eine der hervortretenden
des Reichstages. Sowohl durch diese und
mehrere andere im Reichstagssaale gehal-
tene Reden, als durch thätige Betheili» gung anden conservativenClubbs trug H.
wesentlich zu den Erfolgen jener Majori»
tät bei, deren Wirken zuletzt im Patente
vom 7. September 4848 dem von der
radicalen Seite mit hartnackiger Erbit»
terung angefochtenen Entschädigungs«
Principe den Sieg erkämpfte. I n dcr
Sitzung vom 19. September entschied
die Annahme des von ihm gestellten
Antrages die Abweisung der ungarischen
Deputation, deren Erscheinen im Reichs«
tage kaum geeignet gewesen wäre, die
ohnehin von vielen centrifugalen Elemen-
ten aufgewühlte Versammlung zu cen«
tralisiren. I n der Abeudsitzung vom
26. September trat er den Forderungen
der Journalisten, welche einen eigenen
Protest der Versammlung vorgelegt hat-
ten und von einem Mitgliede deS Reichs-
tages in Schutz genommen wurdm, allein
mit aller Entschiedenheit entgegen. Nach
dem 6. Qctober verließ er Wien und
wandte sich, einer schon früher unter den
böhmischen Abgeordneten für einen außer»
ordentlichen Fall getroffenen Verabre-
dung gemäß nach Prag, von wo er
bald darauf mit vi-. Franz Brauner
j^Bd. I I , S. 123^ an das Hoflager
in Olmütz zur Ergebenheitsbezeugung
der in Prag versammelten Reichstagsab«
geordneten gesaudt wurde. Nach Prag
zurückgekehrt, wo er nach Palacky
mit den nach Frankfurt zurückkehrenden
Abgeordneten der Reichsversammlung
Welker und Mosle eine jedoch erfolg»
lose Zusammeutretung hatte, wurde er
nach Kurzem auf telegraphischem Wege
nach Olmütz berufen und empfing dort
von Fürst Felix Schwarzenberg die
Aufforderung, das Portefeuille des Unter-
richtes in dem zu bildenden neuen Eabi-
nete zu übernehmen. Sich die Erklärung
vorbehaltend, verließ er Olmütz abermals,
ward aber nach wenig Tagen wieder
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Volume 8
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hartmann-Heyser
- Volume
- 8
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1862
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon