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kam er wieder nach Wien, um das Stu«
dium der Theologie zu beginnen. I n
dieser Zeit erhielt er von dem Hofkcimmer.
Präsidenten Grafen von Königs eck den
Auftrag, mehreren Edelleuten, welche sich
dem Bergbaue widmen wollten, Vorträge
über Mathematik und Markscheidekunst
zu halten. Im Jahre 175i1 wurde H.
Priester im Orden. Noch im nämlichen
Jahre ertheilte ihm derselbe den Auf-
trag, zu Tyrnau eine Sternwarte zu
errichten, aber kaum hatte er die Arbeit
begonnen, als ein Anderer zu ihrer Fort-
sehung beordert und H. nach Sieben»
bürgen geschickt wurde, um daselbst den
Bau des neuen Iesuitencollegiums und
der Sternwarte in Klausenburg zu leiten.
Unter Einem aber beschäftigte er sich mit
wissenschaftlichen Arbeiten und vollendete
in dieser Zeit seine „TNsnsnöK ^///^ns-
iisas nnms?-/cas si ^e3?'tt/?'s", in welcher
Art er alle Theile der Mathematik zu
bearbeiten gedachte, aber durch andere
Berufsgeschüfte in der Ausführung seiner
Idee gehindert wurde. Als um diese Zeit
zu Wien der Hofastronom I . I . Mar i -
noni (10. Jänner 1733) starb, schenkte
der Kaiser die von ihm gebrauchten mathe-
matischen und astronomischen Instru-
mente der Universität in Wien, welche eben
im Baue einer Sternwarte begriffen war,
deren Director Hel l wurde. Da er
zugleich mit diesem Posten, der ihn, da
Alles noch zu schaffen und zu organisiren
war, sehr in Anspruch nahm. noch Vor»
träge aus der Mechanik halten und die
astronomischen Ephemeriden jährlich her«
ausgeben muhte, bat er um Enthebung
von den Vorträgen aus der Mechanik und
betrieb nun mit allem Eifer sein Geschäft
als Universitätsastronom. I n diese Zeit
fallen auch seine Beobachtungen über
den Gebrauch künstlicher Stahlmagnete.
Durch 10 Jahre versah er mit seltenen wissenschaftlichen Erfolgen sein Amt, als
ihn im Jahre 1767 Konig Chri-
stian VII . von Dänemark einlud, auf
der Insel Wardoehuus im nordischen
Eismeere den auf den 3. Juni 1769
stattfindenden Durchgang der Venus vor
der Sonnenscheibe zu beobachten. Obwohl
H. schon zwei Anträge ausgeschlagen,
nahm er diesen doch an. Er trat am
28. April 1768, von dem Jesuiten Johann
Sajnovics begleitet, eine Reise über
Deutschland, Dänemark, Schweden nach
Wardoehuus im Eismeere an, wo sie am
II.Octoberd.I. anlangten. Sogleich be«
ganner den Bau einer Sternwarte, welcher
meist bei Fackelbeleuchtung stattfand. Am
3. Juni 1769 wurde die Beobachtung
unter ziemlich günstigen Verhältnissen
gemacht. Die Ergebnisse stimmten aber
nicht mit jenen anderer Beobachter und
Hel l gerieth mit dem französischen
Astronomen Lalande in eine wissen-
schaftliche Polemik. Während seines Auf-
entHaltes in Wardoe benutzte H. die Muße
zu Forschungen und Studien über das
Leuchten des Eismeeres, über das Nord-
licht, über die merkliche Abnahme des
nördlichen Oceans und die daraus ent«
springende Vergrößerung des Festlandes,
über die Strahlenbrechung unter dem
70. Grade der Breite und über das
Verhältniß des Aequatordurchmessers zu
jenem der Pole und über die Abplat»
tung der Erde an den Polen; über die
große Declination der Magnetnadel unter
mehreren Breiten» und Zangengraden;
über viele Höhenbestimmungen, über den
Fall verschiedener Flüsse, die Stärke und
Veränderlichkeit der Winde, den Wechsel
der Ebbe und Fluth, über die Natur«
beschaffenheit der besuchten Gegenden und
über die Sprache, Religion, Geschichte
und Cultur der Lappen und Finnen,
wobei er bereits auf die große Aehnlichkeit
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Volume 8
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hartmann-Heyser
- Volume
- 8
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1862
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon