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Arwßsohn 372 gerloßsohn
die Gedichte an Elise, die älteste Tochter
Prochaska's, feine erste und einzige
Liebe. Als gereifter Mann noch dachte
H. mit Wehmuth der in der Blüthe ihrer
Jahre unvermalt gestorbenen Geliebten.
Als ihn im Sommer 1823 sein Freund
Suchy, welcher m Leipzig studirte,
besucht und über das gemüthliche Stu»
dentenleben daselbst, wie überhaupt über
die freien Verhältnisse in dieser Buchhänd-
lerstadt Mittheilungen gemacht hatte, war
bald sein Entschluß gefaßt, Oesterreich zu
verlassen und nach Leipzig zu überfiedeln.
I n den „Grenzboten" 1843, erzählt H.
seine Flucht, die er im November 1823
ausgeführt hatte, umständlich in wehmü»
thig humoristischer Weift. Etwa 6 Gulden
hatte feine Barschast betragen, als er die
Flucht antrat. Ueber Dresden, wo ihn
eine Erklärung Theodor Hell's vor poli«
zeilichen Maßnahmen sicherte, kam er in
Leipzig an, wo er mit 6 Groschen Bar-
schaft mit seinem Freunde Suchy Ein«
zug hielt. Nun begann eine neue Zeit der
Entbehrungen, und erst die Bekanntschaft
mit dem serbischen Dichter Simon Milu»
tinovich, die ein glücklicher Zufall ver-
mittelt hatte, verbesserte Herloßsohn's
mißliche Lage. Milut inovich befand
sich in Leipzig um daselbst sein Epos,
„Serbianka", welches des Fürsien Mi«
losch Großthaten feierte, drucken zu
lassen, zu gleicher Zeit suchte er einen
deutschen Uebersetzer, dieser hatte sich in
H. gefunden und nun ging es einige
Zeit ganz erträglich. Ein Honorar von
18 Thalern, welches Cotta für die
Uebersetzung eines serbischen Gedichtes
„Der Aufstand der Dahier" das im
„Morgenblatte" erschienen war, an H.
auszahlen ließ, entlockte ihm zum ersten
Male den, im Umgänge mit Mi lut ino-
vich erlernten Ausruf „Masch Allah!
Gott ist groß!" dessen sich H. dann öfter zu bedienen pflegte und dessen komische
Wirkung zu empfinden, gewiß Alle, die
mit ihm verkehrten, Gelegenheit gehabt
haben. Ein um jene Zeit von Herloß»
söhn verfaßter Aufsatz über Zacharias
Werner, der im „Gesellschafter" erschie«
nen war, erregte Aufsehen und hatte zu
Folge, daß ihnBrockhaus alsMitarbei.
ter am „ literarischen Conversationsblatt"
(jetzt „Blätter für literarische Unter»
Haltung"), annahm. Auch erhielt er
damals von einem Verleger, der die
Herausgabe einer „Gallerte von Origi»
nalromanen von Deutschlands ausgezeich-
netsten Schriftstellern" veranstaltete, die
Aufforderung einen Roman zu schreiben.
H. schrieb seinen ersten Roman „Nie
Fiinchnndert von Nlanik" und erhielt —
obgleich 3 Thlr. für den Bogen bedungen
waren, da er Geld dringend benöthigte,
in Bausch und Bogen 23 Thlr. Noch
bekannter machten H. 1826 in der lite-
rarischen Welt seine Parodien auf die
Clauren'schen, damals von dem deutschen
Lesepublikum verschlungenen Erzählun»
gen, die er unter Clauren's Namen
herausgab, worüber sich ein Proceß
entspann, der an zwei Jahre das litera«
rische Publikum beschäftigte. Von einer
schweren Krankheit, die in das genannte
Jahr fällt, genesen, griff H. wieder zur
Feder und führte das freie Leben eines
Literaten, schrieb politische Satiren, Ro-
mane, machte 1827 eine Reise an den
Rhein, die er auch beschrieb, 1828 nach
Berlin, wo er sich mehrere Wochen bei
Saphir aufhielt, bis er im Jahre 1830,
dessen politische Ereignisse und Umwäl-
zungen Herloßsohn's Thätigkeit mäch«
tig anregten, die belletristische Zeitschrift
„Ner Mmet" gründete, welche 18 Jahre
hindurch erschien, und im Jahre 1848
aufhörte, ganz wie sein Begründer oft
im prophetischen Geiste ausgerufen hatte:
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Volume 8
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hartmann-Heyser
- Volume
- 8
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1862
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon