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künste deren allein4000, welche ungeheuere
Summen gekostet hatten; das Schloß
selbst enthielt, außer einem Bankett- und
Bibliotheksaale, 68 Gemächer, mit bei-
spiellosem Aufwande ausgestattet. Zu den
übrigen Merkwürdigkeiten RoßwaldS ge»
hörten: Die Felsenkeller, in welchen die
Passlonsgeschichte bildlich dargestellt und
in deren einen Abtheilung ein künst»
licheS bei festlichen Anlässen von Kobolden
bevölkertes Bergwerk angebracht war;
ferner die Liliputerstadt mit 3 Schuh
hohen Häusern und einer Unzahl von
Vexirkünsten ausgestattet; der Daphnishof
mit dem mit Marmor ausgelegten und
prächtigen Vorhängen versehenen Kuh.
stalle und endlich — diese letzte Parthie
trat aber erst nach dem Tode seiner
Gemalin, welche 68 Jahre alt, im Jahre
1732 zu Roßwald, nach Stramberg
in der Ersch und Gruber'schen „Ency«
klopadie" (II. Sect. 9. Theil, S. 313)
zu Oedenburg gestorben war, in'S Leben
— das mit orientalischer Pracht und
sybaritischer Wollust ausgestattete Serail.
Mit dem Tode seiner Frau, mit welcher
H. übrigens in musterhafter Ehe gelebt,
entwickelte sich des Grafen Sonderlings«
charakter immer mehr; er errichtete ihr in
der Katherinenkirche des Dorfes Roßwald
ein schönes Denkmal und feierte ihr
Gedächtniß zu verschiedenen Zeiten unter
ganz originellen Ceremonien im Druiden»
Haine seines Parkes. König Fried«
rich I I . , der auch mit seiner Frau ver-
wandt war, war ein besonderer Gönner
des Grafen. Schon im Jahre 1742
hatte der König dem Grafen das neu-
errichtete braune HuSzaren-Regiment ver«
liehen; der Graf aber, der sich in dieser
, ihm ungewohnten Sphäre wenig gesät»
'len konnte, nahm schon im September
4743 seine Entlassung. Der König ent>
zog ihm jedoch seine Huld nicht. Auch bewahrte H. unbeschadet dieser Freund»
schaft des Oesterreich feindlichen Königs
seinem angestammten Fürstenhause die
unverbrüchliche Treue sein ganzes Leben
hindurch. Friedrich I I . hatte Roßwald
zweimal besucht, einmal incognito im
Jahre 1738, als die preußische Armee
von Olmütz sich zurückzog. Der König
wurde von dem Grafen erkannt, der ihn
auch, als er des Königs Besorgmß be.
merkte, sogleich beruhigte, daß, wenn er
auch ein treuer Unterthan seiner gnädigen
Frau der Kaiserin sei, er sich doch von
aller Politik ferne und die Gastfreund,
schaft heilig halte. Das zweite Mal kam
Friedrich im Jahre 1770, als er zur
berühmten Zusammenkunft mit Kaiser
Joseph nach Mährisch.Neustadt ging,
nach Roßwald. Beidesmal war der
Empfang glänzend; über den letzteren
und die damals stattgehabten Feste be»
richtet ausführlich die „Berliner Zeitung"
vom 25. April 1771. Eines der merk»
würdigsten Intermezzo's war die Schach»
parthie, welche der Graf mit dem Könige
spielte und welche eine modificirte Nach«
ahmung der Idee eines alten persischen
Königs war. Das Schachbrett war eine
Wiese nächst dem Schlosse, welche in
64 Quadrate eingetheilt war. Die beiden
Spieler saßen auf erhöhten Sitzen.
32 Hoditzische Unterthanen, in den be>
zeichnenden Anzügen und Farben und
mit den dazu gehörigen Insignien ver«
sehen, waren die Schachfiguren, die sich
nach dem Commando der Spielenden
hin und her bewegten. Die geschlagenen
Figuren mußten entweder umfallen oder
— bei anderen Parthien — austreten.
Zwischen dem Könige und dem Grafen
entspann sich nunmehr ein freundschaft.
licher Briefwechsel. Das königliche Archiv
bewahrt 103 Briefe Friedrich's an
Hoditz, deren 8l in der im Jahre l836
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hibler-Hysel, Volume 9
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hibler-Hysel
- Volume
- 9
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1863
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 518
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon