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233 Soltei
Holtet, Karl von (Dichter und
Schriftsteller, geb. zu Breslau
24. Jänner 1797). Sein Vater Kar l
von Holtei war Rittmeister in der kai-
serlich-österreichischen Armee und starb
(23. März 484N), 78 Jahre alt, zu Sciaz
in Böhmen, wo er in Pension lebte.
Seine Mutter Wi lhelm ine, eine ge>
borne von Keßel, einem alten, scblcsi.
schen Adelsgeschlechte entstammend, starb
bald nach der Geburt des Knaben, der
nun zu einer Schwester seiner Großmut-
ter von väterlicher Seite kam und dort,
wie er selbst schreibt, verzogen wurde.
Er kam dann in eine Pension, aus der
man ihn aber bald wieder nahm, bis
endlich beschlossen wurde, ihn für die
Landwirthschaft auszubilden, weßhalb er
nach Obernigk in Schlesien kam, um
dort unter den Augen eines alten Onkels
seine landwirthschaftlichen Studien zu
machen. Mittlerweile war aber auch die
Sehnsucht zum Theater in ihm rege
geworden, geweckt durch die Leistungen
Ludwig Devrient's, die sich dem
Jünglinge fest eingeprägt hatten. Bevor
er jedoch diesem Wunsche nachzukommen
im Stande war, nahm sein Schicksal
durch Napoleon's Flucht von Glba
eine unerwartete Wendung. Preußen rief
alle waffenfähige Mannschaft in's Feld
und auch Hol te i ging unter die Frei'
willigen (1818). Der Pariser Frieden
machte seiner Soldatmlaufbahn bald
ein Ende und H. wurde nun Student
und besuchte die Collegien in Breslau,
wo er mit dem originellen Karl Schall
bekannt wurde, der nicht geringen Ein»
stuß auf den damals noch schmiegsamen
Jüngling übte. Obwohl die Liebe zum
Theater immer noch lebendig bei allen
Anlassen hindurchschlug, gelang es doch
den Vorstellungen vernünftiger Freunde,
die sich
in dem Ausspruche.- „Erst studiren, dann Comödie spielen", concentrirten.
H. vor einem voreiligen Aufgeben der
Studien zu bewahren. Aber schon m
diese Studentenzeit fällt die Episode
seines ersten theatralischen Auftretens,
u. z. zu Grafenort in Schlesien, einem
Schlöffe des Grafen Johann Hierony«
mus Herb er st
ein Md. VIII , S. 337,
Nr. 41^, an den Holtei von Seyde l»
mann empfohlen war und wo er seine
künftige erste Frau. die Schauspielerin
3ouise Rogöe s^iehe die Folgendes
kennen lernte. Der Graf unterhielt den
Sommer über ein Haustheater, welches
sich mit beginnendem Herbste auflöste,
worauf H. zu den Studien zurückkehrte.
Auch huldigte H. um diese Zeit schon
der Poesie, schrieb kleine Lustspiele-.
während eines längeren Aufenthaltes in
Obernigk, zu dem seine Großtante und
Pflegemutter zu bereden es ihm gelungen
war. Lyrisches, auS welchem fich später
seine bekannten „Stimmen des Waldes"
entwickelten und in welcher Zeit auf einer
Herbstfußreise in die schlesischen Gebirge
der Tert zu der von Gl 5ser componirten
Oper „Adlers Horst" entstand. Dieses
ländliche Stillleben hätte wohl längere
Zeit gedauert, wenn H o l t e i nicht
Gcafenorter Werbern in die Hände gefal»
len wäre, die eben wieder für das Som»
mertheater des Grafen Herberste in
Schauspieler suchten. Holtei ging nun
nach Grafenort, wo er dichtete und schau»
spielte, worauf er wieder nach Breslau
zurückkehrte und einen langst gehegten
Gedanken nun endlick ausführte und
Schauspieler wurde. Am 3. November
48l9 betrat er die Bühne zum ersten Male
alsMortimer in „Maria Stuart" und
wnrde bald darauf engagirt. Waren es
die Gegner, die ihn nicht aufkommen
ließen, war es, daß H. sein eigentliches
Feld nicht erkannt hatte, genug die Freude
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hibler-Hysel, Volume 9
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hibler-Hysel
- Volume
- 9
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1863
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 518
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon