Page - 43 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Jablonowski-Karolina, Volume 10
Image of the Page - 43 -
Text of the Page - 43 -
Iahn 43 Zahn
Pfarrer zu Mislih, aber bald in das Stift,
dem er als Zögling angehört hatte,
zurückgerufen, um daselbst als Lehrer
morgenländifche Sprachen und biblische
Hermeneutik vorzutragen. Im Jahre
4782 erhielt er in Olmütz die theologische
Doctorwürde und wurde nach Aufhebung
des Stiftes Brück Professor der orien-
talischen Sprachen und Hermeneutik am
Lyceum zu Olmütz. Im Iuhre 4789
wurde er als Professor der orientalischen
Sprachen, der biblischen Archäologie und
Dogmatik an die Wiener Hochschule
berufen, an welcher er bis zum Jahre
1806 thätig war, worauf seine Ernen«
nung zum Canonicus am Metropoli-
tancapitel zu Wien — nach dem alten
Arioma: proiQoveatur ut Hnioven,-
tur — erfolgte. Dieß sind die kurzen
Umrisse eines ausschließlich der Wissen-
schaft und dem Dienste der Wahrheit
gewidmeten Lebens, das jedoch von man»
nigfachen Verfolgungen und Chicanen
niedrigster Art getrübt wurde, deren hier
nur in der gedrängtesten Kürze gedacht
werden kann. Als Iahn im Jahre l792
seine Einleitung in das alte Testament
hatte erscheinen lassen, hob Cardinal
Mlgazzi zwei Satze aus derselben als
irrig und gefährlich heraus, nämlich den
einen, welcher lautet: „Man wird es
mir nicht verdenken, daß ich bis»
weilen von meinen gelehrten
Vorgängern abgewichen und
meinen eigenen Einsichten ge-
folgt b in"; den anderen, worin die
Behauptung aufgestellt ward, daß die
Bücher Hiob, Ionas , Jud i th
und Tobias Lehrgedichte seien.
Der Cardinal reichte bei Kaiser Franz
eine eigene Klageschrift über diese That«
jachen ein und fügte noch hinzu, Iahn
erkläre in seinen Vorlesungen, die im
neuen Testamente erwähnten Daemoni» schen seien nicht als vom Teufel besessene,
sondern bloß als gefährliche Kranke anzu-
sehen. I n Folge dessen wurde eine Com>
mission angeordnet, welche die Sache
untersuchte und unter Migazzi 's Ein»
stuß die Entscheidung aussprach (23. April
1792): Iahn solle die bestrittenen Lehr«
säke im mündlichen Vortrage, wie in der
neuen Ausgabe seines Werkes modisiciren;
über neue Ansichten lieber ganz hinweg«
gehen, als damit Anstoß geben; sich bei
Anführung der Meinungen, welche von
der Kirche abwichen, lediglich auf eine
historische Angabe derselben beschränken
und endlich wurde bestimmt, daß in
Zukunft kein Lehrbuch für theologische
Studien zugelassen werden solle, bevor
nicht ein Gutachten der Ordinariate
darüber eingeholt worden fei. Obwohl
Iahn jener Weisung genau nachkam,
schien doch sein wachsendes Ansehen
in der gelehrten Welt, das Mißtrauen
gegen ihn zu nähren — genug, sein län»
geres Verbleiben beim Iehramte wurde
für unstatthaft erklart, und weil man
durch seine Enthebung jedes Auffehen
vermeiden wollte, wurde er zum Cano»
nicus befördert und so unfreiwillig seinem
eigentlichen Lebenselemente, dem Lehr«
amte, dem er volle 19 Jahre vorgestan-
den, entrissen. Aber mit seiner Enthebung
hatten die Chicaneu noch immer kein
Ende. Sein Gegner erwirkte nun ein
Decret, daß seine Lehrbücher: „Iritro-
äuotio in likiOL LkcroL VOtsris losäeriL^
und „^i-oliHooloFia diblioa" verdammt
wurden, ohne daß ihr Verfasser gehört
oder verhört worden wäre. Iahn gibt
eine getreue Darstellung aller dieser Unbil.
den und seines Verhaltens, dessen Ruhe
und Gemessenheit seine Gegner nur noch
mehr reizte, in den Briefen an seinen
Freund im Auslande, welche vor den
Nachträgen zu seinm theologischen Wer»
back to the
book Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Jablonowski-Karolina, Volume 10"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Jablonowski-Karolina, Volume 10
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Jablonowski-Karolina
- Volume
- 10
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1863
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 524
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon