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Iais Zars
Der Sohn eines Geigenmachers, erhielt
er in der Taufe den Namen Joseph, den
er erst spater bei dem Eintritte in den
Benedictinerorden mit dem Klosternamen
AegydiuS vertauschte. Die Mütter war
eine fromme Frau und so besorgt für die
Unschuld ihrer Kinder, daß sie der Kinds«
magd befahl, sie ja in kein Haus zu
führen, wo es lustig herginge, „lieber
dorthin", sagte sie, „wo man traurig ist",
und die pünctlich folgsame Magd führte
sie gar dahin, wo sie Hühner abwar«
gen sahen. Wie er zum Studiren ge-
kommen war, erzählte I a i s selbst in der
naivsten Weise von der Welt; da es nam-
lich oft geschah, daß durch seine Unacht-
samkeit und Unbehilflichkeit Schüsseln
und Kruge zerbrochen wurden, so urtheil«
ten seine Eltern: „Wir können dieses Kind
nicht zu Hause behalten, wir müssen
selbes halt studiren lassen". I n seinem
12. Jahre kam Joseph in das Kloster
Benedictbeuern, wo er die Anfangsgründe
der lateinischen Sprache und dann in
München unter Sebastian Winkel hofer
Poetik und Rhetorik studirte. Hier wurde
auch Johann Michael Sai ler , s.'in
älterer Studiengenosse, sein Freund und
blieb es auch bis an seinen Tod. Nach
zurückgelegten Studien bat I a i s um
die Aufnahme in jenes Kloster, das ihm
seit seiner ersten Jugend schon so lieb
geworden war, nämlich Benedictbeuern,
und am 11. November 4770 fand seine
Aufnahme und wie schon erwähnt, die
Veränderung seines bisherigen Tauf«
namens Joseph in den Klosternamen
Aegydius Statt. Wie er in das Kloster
trat, darüber geben uns seine eigenen
Worte gegen einen vertrauten Freund
den Aufschluß: „Gott sei gedankt", sagte
er, „ich habe Unschuld und Taufgnade
noch in daS Kloster mitgebracht", und
sein ganzes künftiges Leben ist ein ununter« brochener Beweis der vollen Wahrheit
dieser Rede. Da in den Benediktiner«
klöstern die Einrichtung besteht, daß junge
talentvolle Geistliche zur weiteren Aus«
bildung in andere Klöster geschickt werden
und zwar in solche, wo Männer von
anerkannter Gelehrsamkeit den Studien
vorstanden^ kam I . noch in demselben
Jahre in das Kloster St. Emmeran
zu Regensburg, wo er bei ?. Steig,
lehner Physik und Mathematik studirte
und den linguistischen und Hermeneutischen
Vorlesungen des berühmten Lancelot
beiwohnte. 1773 kehrte er nach Benedict»
beuern zurück und erhielt 1776 die
h. Priesterweihe. Ein Jahr wirkte er
dann zu Maria Plain bei Salzburg als
Beichtvater und wurde nun 1778 in Salz«
bürg als Professor der ersten Gram-
maticalclcisse angestellt, rückte zur zweiten
und dritten Classe vor und versah von
1784-4788 die Professur der zweiten
rhetorischen Classe und zugleich die Schul«
präfectur. Hier lag ihm die Wissenschaft,
liche und besonders die sittliche Bit«
düng der ihm anvertrauten Jünglinge
sehr am Herzen. Die Abfassung seines
Lehrbuches für studirende Jünglinge zur
Bildung ihres Herzens fällt in diese Zeit.
Gr betrachtete — o daß dieß bei allen
Lehrern der Fall wäre — studirende
Jünglinge als die Lieblinge zärtlicher
Eltern, als die aufblühende Hoffnung
des Vaterlandes, als künftige Diener
des Altars, als Räthe der Fürsten, als
Beschützer des Staates, als Männer
in ihrer Jugend, als ein heiliges hinter«
legtes Gut, über welches der Lehrer den
Eltern, dem Gemeinwesen und der Reli«
gion Rechenschaft geben müsse, daher
der Lehrer seine Sorgfalt'mit den Jahren
verdoppeln und diese dann die größte
sein muffe, wenn sich die Zöglinge dem
Alter nahern, welches gemeiniglich das
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Jablonowski-Karolina, Volume 10
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Jablonowski-Karolina
- Volume
- 10
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1863
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 524
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon