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Iarcke 100 Jaresch
Liberalismus, der das gesunde germanische
Leben zu zerstören drohte. Mit historischer
Bestimmtheit und assertorischer Festigkeit nicht
minder als mit sarkastischer Bitterkeit deckte
er den Despotismus und die Lüge, die unter
der Larve des Liberalismus oft einherschlei-
chen, in ihrer ganzen Blöße auf. schwang die
Geißel über die theoretisch-doctrinellen poli-
tischen Speculationen und stürzte die flache
Hohlheit des mattköpsigen und doch trunkenen
Gefasels von ganz abstrakter Freiheit, welches
die Sehnsucht der Völker belog und das Ziel
ihrer Wünsche durch eine vorschnelle Geburt
in die noch unreife Gegenwart hereinzerren
mochte, über den Haufen. Bei der vagen und
-schwankenden Stimmung, in welcher das Pu-
blikum des Jahres 1831 befangen war, konnte
es ihm an Wirkung nicht fehlen, aber während
es ihm gelang, die Schattenseite des Libera-
lismus so dunkel und schwarz zu zeichnen,
wie sie ist, war er für seine Lichtseite blind
geblieben — und hat seine Zeit und ihre
großen Erscheinungen entweder wirklich miß-
kannt oder nur mißkennen wol len. Ihm
erschien die Gegenwart ein stabiler Sumpf
und nicht was sie ist, ein Werdendes. Die
Erscheinungen der Vergangenheit und die Er»
fahrungen der Gegenwart benutzte er nur, um
letztere in eine
chinesische
Starrheit zu bannen.
Jede Reform, auch wenn sie auf e^ne gesetz-
mäßige Weise in's Leben trat, war ihm ver»
haßt und nannte er Revolution. Wenn z. B.
in der badischen Kammer die Aufhebung des
Zehnten durch Rottet in Anregung gebracht
worden war, nannte das Berliner politische
Wochenblatt dergleichen „schreiende Willkür",
aber nur so lange, bis die dortige Regierung
die Maßregel bestätigte; sobald der Regent
sanctionirt hatte, schwieg I . . obwohl er auch
gegen liberale Fürsten die feststehende Redens'
art: „Wenn die Großen, selbst Könige mit der
Revolution buhlen", gebrauchte, aber diesen
Ausdruck nie auf einen concreten Fall anwen»
dete. So Iarcke vor den Märztagen, unmit»
telbar nach den Wirren der dreißiger Jahre.
Im Vormärz entschiedener Feind eines jeden
Liberalismus, ja selbst der gesetzmäßigen Re«
formen, da er ja diese nur als Ausflüsse des
liberalen Schwindelgeistes ansah, flüchtete er
im Nach märz in den Schooß der Kirche, in
deren Unterdrückung er die Genesis der Revo»
lution erblickte und in der Rückkehr in den
Schooß derselben die einzige Rettung für die
Fürsten. Völker und Gesellschaft erwartete.
Aber Alles dieß war Iarcke aus Ueberzeu- gung; statt eines Criminalisten, als der er
eine Größe seiner Zeit geworden wäre. ward
er Publicist, und es gibt kein widersinnigeres
Bündniß, als das eines Strafrechtsgelehrten
mit der Publicistik, denn jeder Leitartikel, der
aus dem Schooße der letzteren entspringt, ist
eine geborne Sünde, ein Frevel, also straffällig.
— Wenn aber Gottschal l unseren Iarcke
und noch Andere, wie Gentz, Hal ler , als
Nachläufer Schlegel's bezeichnet, so ist das
Phrase, mit der eine Specialität wie Iarcke
— mag seine Richtung welch' immer eine sein
— von einem Literaturhistoriker nicht abgethan
werden darf, wie es zum mindesten befremdet,
wenn Wolfgang Menzel Iarcke einen „Rit-
ter der Knechtschaft nennt, der seinen Turnier»
platz zuerst in Berlin aufschlug, als Gentz
alterte, katholisch wurde, um dessen Stelle in
Wien einzunehmen". Nicht als ob Iarcke
nicht am richtigsten als Ritter der Knechtschaft
bezeichnet wäre, aber daß ihn Menzel so
nennt, befremdet. Am ruhigsten und richtigsten
beurtheilt ihn Laube, der sagt: „daß I . mit
dem Berliner politischen Wochenblatte im auf-
fallenden Widersprüche, bald nach der Iulirevo»
lution gegen alle Tendenz der Zeit, nicht
bloß gegen einzelne Parteien oder Consequen»
zen, sich erhob. Das „Wochenblatt" hält sich
im andern Ertreme an die äußerste Consequenz
des historischen Buchstabens und lebt in der
Forderung jener einigen Gedanken- und Zu»
ständewelt, aus deren Uneinswerden alle Be-
wegung der neuen Geschichte entsprungen ist.
Da die Geschichtsentwickelung sich schwer auf
einen bestimmten Einzelnzweck hin fesseln läßt,
so scheint es leichter, ihre Berechtigung zu
unvorgesehener Wendung überhaupt zu läug«
nen, und das ist denn schwächer öder stärker
in allen Krisen der Zeit geschehen und hat
den Fortschrit t immer genöthigt, sich tie«
ferzu begründen".
Jaresch, Johann (Kupferstecher
in Wien). Erhielt seine künstlerische Aus-
bildung an der Akademie der bildenden
Künste in Wien, arbeitete daselbst als
akademischer Kupferstecher und schon im
Iabre 1824 stach er ein schönes Blatt
nach F. Penni: „Nie h. Inngtran". Dem
Herausgeber ist noch ein Stich von ihm,
u. z. daS „Porträt des NireitllrZ der Ztem-
mllrte I. I. Ntwin" , nach Bartak,
bekannt. Ueber seine Lebensverhältniffe
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Jablonowski-Karolina, Volume 10
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Jablonowski-Karolina
- Volume
- 10
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1863
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 524
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon