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Kamnh Kamntz
Grafen Johann Aöam von Guestmberg, den Letz«
ten seines Geschlechtes, heirachete, substituirte
dieser mit Testament uom Jahre 1722 seiner
Frau ihren Neffen, drn Fürsten Dominik
Andreas K,, zum Erben des ganzen Queste n-
bera'schen Vermögens, mit welcher Substi«
tution jeooch die Führung des Namens Que«
stenberg zugleich mit jcnem der Kaunitz
zur Pfliä)t gemacht worden; weßhalb sich die
fürstliche Linie zuletzt Kaunitz «Niei derg«
Questenberg schrieb. In das 16. Iahrhuw
dert fällt die Theilung des Geschlechtes in zwei
Hauptlinien. VonOtto(I . ) bisUlrich(V.)
führen die Genealogen die ununterbrochene
Reihe der Kaunitze, neben welcher mit we<
niger sicherer Reihenfolge die Seitenlinie der
Stooß von Kaunitz läuft. Ulrich (V.) ist
demnach als der eigenthümliche Stammuater
des gesammten Hauses anzusehen. Von seinen
17 Kindern stiftete Friedrich, Sohn aus erster
Ehe, die noch blühende (äNere) böhmische3 i»
nie der heutigen Grafen von Kaunih, und
sein Sohn zweiter Ehe, Leo Wilhelm, die
mährische, später fürstliche Linie, welche nun-
mehr im Mannsstamme erloschen, vor kurzem
noch in zwei verhe.iratheten Töchtern des letzten
Fürsten von Kaunitz, Alois Wenzel, und
zwar in Ieopoli>ine, vermalte Fürstin Anlm»
Aars P:ilM, uno in Ferdinand«, vermalte
Gf. Ludwig R-lrolu, blühte. Der Freiherr»-
stand kam mit Ulrich (V.) in die Familie, denn
dieser wenigstens erscheint als der erste Frei«
Herr. Die böhmische Vrascnwürdc erhiclt für
sich und seine ganze Descendenz Lco Wil-
helm im Jahre 1642 von Kaiser Ferdi>
nand I I I . , und erst 40 Jahre später wurde
sein Sohn Dominik Andreas unier Bestatt»
gung des alten Grafenstandes mit Diplom
vom 22. November 1682 in den Ncichsgrafcu-
stand erhoben. Etwas über hundert Jahre
später erhob die große Mar ia Theresia
ihren berühmten Minister, den Grafen Wen-
zel Anton, der leuchtendste Stern des HauseS
Kaunitz, mit 8. April 1764 mit seiner
männlichen Descendenz nach dem Rechte der
Erstgeburt znr Necchsfürstenwüroe. Die K a u»
nitze waren seit jeher mächtige Dynasten; in
denKriegm Böhmens und Mährens mit Oester»
reich im 12. Jahrhunderte; in den Kriegen mit
Polen und den deutschen Rittern im 1ö. Jahr-
hunderte; in den grauenhaften Kämpfen mit
den Hussiten und Tabonkn im 15. Jahrhun-
derte, wie schon früher in den Kämpfen der
Deutschen mit den Italienern unter Barba-
rossa erscheinen ihre Namen im Glänze berr^ licher Tapferkeit, freilich auch oft mit fabel-
hafter Ausschmückung. Als Bruderzwist im
Habsburgischen Fürstenhause die Erblander in
blutige Wirren versetzte, und der Neligions-
Hader durch Verbot gegen die neue Lehre, wie
jene Luther's gewöhnlich genannt wurde, in
die helle Lohe des entsetzlichsten Bürgerkrieges
aufflammte, erscheinen die Kaunitze unter
den intelligentesten, aber auch entschiedensten
Gegnern der katholischen Partei, und mehrere
derselben verloren dabei ihr Vermögen, und
nur der Gnade des Königs verdanken sie Frei-
heit und Leben, wie Ulrich (V.) und seine
Söhne Friedrich und Kar l . Während die
böhmische ältere Linie stets in einer gewissen,
freilich minder glanzvollen Unabhängigkeit be-
harrte, stiegen die Nachkommen der zweiten
(der mährischen) voll Glanz und Ehren im
Dienste des Staates von Stufe zu Stufe.
Theils sich dem Dienste der Kirche widmend,
wie Franz Kar l , Bischof von Laibach (gest.
1717), oder im Waffenhandwerk den oft er»
probten Ruhm der Ahnen auf's Neue bewAh»
rend, wie Feldzeugmeister Graf Franz Wen-
zel (gest. 1825), betrat die Mehrheit von
ihnen die diplomatische Bahn und es glänzen
auf ihr Graf Domini? Andreas (I.) (gest.
1703). Graf Maximi l ian Ulrich (gest.
1746), Graf später Fürst Ernst Christoph
lg?st. 1797). Fürst DominikAndreas (II.)
(gest. 1812) und Fürst Wenzel Anton
(gest. 1794), welch' letzterer alle an Nuhm
und Größe überstrahlte. Nenn sie auch in
Kunst und Wissenschaft nicht selbstthätig auf«
traten, so sind doch genug Zeugnisse ihres
Mäcenatenthums in den von ihnen gesammel»
ten Kunstschätzcn vorhanden. Leider ist das,
was der „alte Fürst", wie gemeiniglich der
große Staatsminister Mar ia Theresici'ö
genannt wird, mit Geschmack und Sorgfalt
gesammelt, wie Spreu in alle Winde zerstoben.
Die Kunstwerke von Austerlitz sind meist Zier»
den fremder Gallerien geworden und ein
Schatz antiker Kaiser- und Porträtbüsten ziert
die Glyptothek in München. In den zwan'
ziger Jahren des laufenden Täeulums befand
sich im fürstlichen Gebäude in der Dorothcer-
gasse eine noch sebr werlhoolle Sammlung
von Gemälden, nicht galleriemaßig aufgestellt,
sondern in den einzelnen Gcmächern vertheilt.
Was mit ihr geschehen, oder ob sie noch so be»
strdt, ist dem Herausgebe dieses 3mkon5
nicht bekannt. Das Fü r sten haus K aunih
befindet sich auch in der Neihc jener fürstlichen
^ainilien, denen in ^olge oon Bundcöl.^schlüs'
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Volume 11
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Károlyi-Kiwisch
- Volume
- 11
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon