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kaunitz Kaunih
Fürst und Völkern eines edlen Volkes
Begeisterung ein Ende machte: jene
dtr Magyaren, welche die von ihren
Gegnern bereits fpottweise „Großherzo
gin von ToSkana" genannte Kaiserin
unb Königin als ihre rechtmäßige Köni»
gin (sehr bezeichnend als ihren König)
anerkannten, und auf dem denkwür«
digen Reichstage zu Preßburg (11. Sep»
tember 174!) das historisch gewordene
^luoliarnur Zro reZk noLtro" riefen.
Kaunitz, so jung er damals war, hatte
sich durch seine treffliche Erziehung und
seine Reisen so bemerkbar gemacht, daß
alsbald die Kaiserin auf ihn ihr Augen»
merk richtete und ihn schon im ersten Jahre
ihrer Regierung mit einer Sendung nach
Italien betraute, wo er zuvörderst den
Papst gewinnen, Toscana gegen die
befürchtete französisch'spanische Landung
schützen und namentlich sich über die
Verhaltnisse des Turiner Hofes, der schon
damals mit jenen Vergrößerungsgelüsten
schwanger ging, die er durch die Hebam«
menkünste Frankreichs in unserer Zeit
befriedigte, genau unterrichten sollte.
Während eines dreijährigen Aufenthalles
in Italien, hatte sich K. mit den dortigen
Verhältnissen genau vertraut gemacht
und entsprechende Erfolge erzielt. Als
Mar ia Thercsiens einzige Schwester
sich mit dem Bruder ihres Gemals Kar l
Alexander. Herzog von Lothringen
M . V I , S. 386, Nr. 139^, vermalte
und beiden das Gouvernement der Nie»
derlande anvertraut wurde, erhielt der
aus Italien zurückgekehrte Kaunitz den
Posten einesObersthofmeisters derVrcher-
zogin und eines bevollmächtigten Mini-
sters an ihrem Hofe zu Brüssel. Kaunitz
trat diesen Posten zu einer Zeit an, als
Ludwig XV., dem es eben in einer
unheilvollen Stunde eingefallen war, König zu spielen,
sich nickt mehr begnügte,
wie bisher, Karl Albrecht's von
Bayern, damals schon Kaiser Kar l VII.,
Bundesgenosse zu sein, sondern keinen
Anstand nahm, der Kaiserin MariaThe-
resia den Krieg zu erklären und gleich mit
drei Heeren, mit einem gegen den Rhein
und Main, mit dem zweiten gegenPiemont
und die Lombardie, mit dem dritten
gegen die Niederlande zu marscbiren,
wahrend der auf die Vergrößerung seiner
Hausmacht bedachte preußische Fürst
Friedrich II., dieser französische Deut«
scke, in dessen Verhimmelung sich die
armseligen Träumer eines preußisch-deut«
schen Kaiserthums sosehr überbieten, in
Böhmen und Mahren einfiel. Die Er»
folge der Franzosen bei Fontenay und
Rocoux hatten nicht nur Kaunitz als«
bald seiner Functionen enthoben, da die
Niederlande französisch geworden, statt
österreichisch geblieben waren, sondern es
ward ihm, nachdem er die Zustände im
Heere des Prinzen Kar l Alexander,
den Hader zwischen ihm, dein Herzoge
von Cumberland und dem Fürsten
Wald eck kennen gelernt, die Lust verlei.
det. ferner noch in diesen Verhältnissen zu
verbleiben. Kaunih bat um seine Ent«
lassung, die er zwar nicht erhielt; aber
den ihm ertheilten Urlaub benutzte er zu
einem Besuche der Bäder von Aachen.
Dort als unbeschäftigter, beobachtender
Diplomat hatte er bald Gelegenheit zu
entdecken, daß die Faden der Geschicke
Europa's in den samnitweichen Handen
einer Maitresse lagen. Die Pompa«
dour, welche mit den Geschicken ihrer
Sorte von Weibsbildern ziemlich vertraut
war, wollte unter keiner Bedingung
ihren lüsternen und geistesarmen König
von ihrer Seite lassen. Diese ihre Absicht
war aber sehr gefährdet, wenn ein
neuer Krieg ausbrach und der König
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Volume 11
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Károlyi-Kiwisch
- Volume
- 11
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon