Page - 76 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Károlyi-Kiwisch, Volume 11
Image of the Page - 76 -
Text of the Page - 76 -
Aaunitz 76 Kaunih
ihrer bewahrten Rathgeber fügende Kai«
serin ist einer der vielen schönen Züge,
an denen das Leben des Fürsten und
seiner erhabenen Gebieterin so reich sind.
Schon gleich nach dem Aachner Frieden
hatte K. Hand angelegt an strenge Ord-
nung im Staatsschatze, an die Regelung
der Steuern und Abgaben, an die Tren»
nung der Administration in engster Be«
deutung von de.n Finanzen und derIuftiz.
Das neue Steuersystem, welches
gewöhnlich dem Grafen Friedrich Wilhelm
von HaugWitz ^Bd. VII I , S. 63) zu-
geschrieben wird und dessen Haupwerdienst
jedoch darin besteht, daß er eine muster«
hafte Ordnung in I>lidU<ÜL et Oamo-
raiidus in alle ihm untergebene Ge<
schaftszweige brachte, ist eigentlich das
gemeinschaftliche Werk der Grafen Ferdi»
nand Bonaventura Harr ach sBd. IX,
S<377)undKaunitz. Der Erfolg dieser
Reformen war in mancher Hinsicht hoch«
wichtig. Bis dahin wurden nämlich die
Steuern und Abgaben auf den Provin«
zial'Landtagen durch die Landstände
bewilligt und auch eingetrieben. Der
Kaiser war somit, in Absicht auf die Füh»
rung der Kriege, zum Theile von der
Willkür der Stände abhängig, da diese
das Recht behaupteten, die von der
Regierung begehrten jährlichen Subsidien
entweder zu bewilligen oder nach ihrem
Gutdünken zu ermäßigen. Die Erhaltung
eines stehenden Heeres, wie solches in
einem Staate wie Oesterreich unerläßlich
war, wurde dadurch, wenn nicht geradezu
in Frage gestellt, so doch bedeutend
erschwert. Durch die Reform des Grafen
aber wurde ein immerwährender, den
Kräften der Provinzen und der einzelnen
Bescher genau angemessener Steuerfuß
festgesetzt, und die Steuer unabhängig
von den Landstanden der einzelnen Pro«
vinzen durch die Regierung selbst herein» gebracht. Wohl mögen dadurch alte Rechte
der standischen Corporationen, welche
übrigens in Folge von Satzungen, die sich
überlebt hatten, zur Regierung in einem
dieselbe mehr störenden als fördernden
Verhältnisse standen, gekränkt worden
sein, aber indem bei dem Ausmaße Scho»
nung des Einzelnen beobachtet wurde, so
rechtfertigten die höheren Staatszwecke
diese, die Erhaltung des Ganzen sichernde
Reform. Sein scharfsehendes Auge durch«
drang alle Theile der innerlichen Staats»
Verwaltung. Die in den Finanzen ein»
gerissenen Unordnungen wurden beseitigt,
ein bündiger und strenger Rechnungs-
fuß eingeführt, das ganze Finanzwesen
wurde der neu errichteten allgemeinen
Rechnungskammer untergeordnet, wo»
durch dem Staate jährlich viele Millionen
zuwuchsen und zugleich der Vortheil ver«
schafft wurde, daß man den Finahzstand
der Monarchie, dessen Abnahmö oder
Zuwachs, die jährlichen Einkünfte und
Ausgaben in einer Tabelle leicht über«
sehen konnte. Das allgemeine Urbarium,
die Zertheilung der Gründe und die
Kreisämter(l748—l732),die Errichtung
von Hofstellen in Wien sin der Art des
preußischen Generaldirectoriums, alle
Provinzial» Ansichten und Interessen
abschleifend), gaben der alten feudal«
aristokratie den letzten Stoß. Auf den
durch den Druck und Hunger herbei^eführ»
ten böhmischen Bauernaufstand folgte die
große Umgestaltung der Leibeigenschaft
4772, ihre ganzliche Aufhebung'durch
Joseph 1781. Der Staatsrath (bloß
dirigirend und informativ, nicht mit
Detail, sondern mit Uebersicht, mit Ab»
sckaffung der Gebrechen und Stockungen
beschäftigt, durchaus nicht vollstreckend)
gehört zuKaunitzens und Binder's
M . I , S. 399) schönsten Entwürfen
(177l). DieMilderung der peinlichen und
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Volume 11
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Károlyi-Kiwisch
- Volume
- 11
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon