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Kaumö AauniH
der Stifter und Director einer Lehrschule der
Kupferstechkunst wurde, aus welcher seitdem
so viele schätzbare Künstler hervorgegangen
sind. Mit Mecheln aus Basel, der lange
Zeit in Wien war und die Bildergallene
ordnete, besonders aber mit dem Historien»
maler Casanova, lebte K au nitz, bei ihrem
Aufenthalte in Wien, in einem täglichen,
fast vertrauten Umgänge. Diese Auszeich-
nung hatten sie indeß wohl mehr noch ihrer
feinen Lebensart, als ihren Kunstfähigkeiten
zu verdanken. Der größte Künstler, wenn er
nicht die Geschmeidigkeit des Hofmanns
hatte, galt nicht viel bei Kaunitz; daher
klagten die meisten über ihn, theils weil er
sie oft Stunden lang in seinen Vorzimmern
warten ließ, indessen er sich vielleicht mit einem
Handwerker unterhielt, theils weil nicht alle
sich mit der Ehre. ihre Kunstwerke in des
Fürsten Gallerten aufgestellt zu sehen, genügsam
bezahlt glaubten, welches Kau nitz höchst un»
bescheiden, eigennützig und unartig nannte*).
Ein berühmter Künstler zu Wien rächte sich
dafür an dem Fürsten, indem er ihm eine selbst«
verfertigte schlechte Copie für einen Original»
Corrrggio um vieles Geld anbieten ließ. Der
Fürst ließ sich täuschen, erfuhr zwar nachmals
den Betrug, schämte sich jedoch, darüber zu
klagen. Kaunitz war überall als ein großer
Reiter bekannt, und diese Liebhaberei machte
einen Hauptzug in seiner Lebensweise aus.
Er selbst hielt seine Reitbahn für die erste in
Deutschland, und wenn das auch gleich nicht
alle Pferdoverständige mit ihm glaubten, so
bewunderten sie doch die Gewandtheit und
Geschicklichkeit dieses Gieises, der in seinem
hohen Alter junge muthige Hengste abritt. Zu
Pferde saß er als Greis noch nut natürlichem
Anstünde, er führte eS leicht, obgleich nicht
mit fester Hand, und tummelte es noch manch'
mal. Gerne zeigte er sich Anderen zu Pferde;
auch war es Jedermann erlaubt, in seine
Reitbahn zu kommen. Befand er sich wohl,
so ritt er fast täglich Nachmittags, indeß noch
vor seinem Mittage zwei bis drei Pferde,
und ließ im Winter die Bahn mit argantischen
Lampen beleuchten. Er hatle die meisten
Pferde» und Reitbücher in seiner Bibliothek und
zeigte öfter, daß er sie fleißig gelesen habe.
Was der Italiener Bore l l i über den Gang
der vierfüßigen Thiere, und andere französische
' ) Nun in dieser Beziehung kann man dem grc
will auch ledin. Mechaniker uon dem Sitze und derZämnung
gelehrt baden, beurtheilte er sebr richtig. Daß
er seine Stallmeister selbst unterrichtet und
erzogen habe, das wußten viele von Wiens
Einwohnern bisher durch Tradition, nach sei»
nem Tode ist es sogar ausdrücklich in seinem
Testamente der Welt bekannt gemacht worden.
Daß Kaunitz in seinen jungen Jahren ein
schöner Mann aewefen war. uno eine von den
Vhysiognomien hatte, die Ehrfurcht einprägen
und den edlen Mann gleich bei dem ersten
Anblicke ankündigen, wußte man auch an
zwei großen Höfen dirßseits und jenseits des
Rheins; selbst in seinem Alter sah man noch
Ueberreste davon. Man hat sich vielfältig er»
zählt, daß er das Geschäft seines Anzuges und
Putzes mit der eitelsten Pünktlichkeit besorge,
wie man sie sonst nur den Weibern verzeiht;
allein Andere behaupten, seine Toilette sei
mehr langsam, als gekünstelt gewesen und der
Methodismus, nicht aber die Vielfältigkeit der
Geschäfte, habe ihren Gang verzögert. Sein
ganzer Anzug war in Absicht auf die Stoffe
mit ungemeiner Vorsicht gewählt, wozu die
große Sorgfalt für Erhaltung seiner Gesuno-
heit unstreitig mit beitrug, denn er liebte das
Leben und mochte von Krankheiten nicht ein-
mal gerne hören, obgleich er mit Kranken
nach seiner natürlichen Gutmüthigkeit vieles
Mitleiden hatte. Pocken-Inocuwtion konnte
er nicht nennen hören, selbst uon der Ino(,'ula«
tion der Bäume durfte man nicht reden, man
mußte äugeln, oder einimpfen sagen.
Diese allzugroße Furcht vor Krankheiten rührte
von seinem reizbaren Nervensystem her, und
wenn er sich so ängstlich vor dec freien Luft
fürchtete und
sich
in seinen Kutschen fast immer
hermetisch einschloß, so war das, um nicht
Schnupfen oder Husten zu bekommen. Die
Arzeneimittel verabscheute er und die Aerzte
achtete er nur aus Nothwendigkeit. Uebrigens
hatte er sich auch in den Schriften der Aerzte
umgesehen und seine Begriffe von dem mensch«
lichen Körper und dessen Verrichtungen waren
nicht irrig. Er hatte sich sehr sonderbar diäte«
tische Grundsätze gemacht, und seine Tages»
ordnung in Absicht auf Geschäfte, Tafel und
Schlaf war eine völlige Umkehrung der
Lebensweise anderer Menschen. Immer aber
muß er wohl dir goldene Regel der Mäßig«
keit beobachtet haben; das lehrt außer bestimm'
ten Zeugnissen sein hoheö und gesundes M«r.
Unter seinen moralischen Eigenschaften rühmt
man vun ihm Redlichkeit und Treue.
Vomehm und Nocken war er oft g^en Freunde
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Volume 11
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Károlyi-Kiwisch
- Volume
- 11
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon