Page - 153 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Károlyi-Kiwisch, Volume 11
Image of the Page - 153 -
Text of the Page - 153 -
Kemony 183
vielleicht gerne etwas wenigeres sagen,
doch die Wahrhei ts l iebe verbietet
es) unserer siebenbürgischen Geschichte
ausmache; — Alles, was im Einzelnen
sowohl, als auch im Allgemeinen die
specielle Geschichte unserer einstigen Lei
densgefährten, der Sachsen, beleuchtet,
muß daher jedem unbefangenen Ge>
schichtsforscher von nicht geringemMerthe
sein." Und als in den bewegteren Zei
ten des Nationalitäten» und Sprachen»
streites unter historischer Hülle zwei
Machwerke parteivollen Inhaltes gegen
die Sachsen erschienen, war es der
Ungar Kemöny, der gegen solch'würde-
lose Anfechtungen offen in die Schranken
trat und den ungenannten Verfassern den
reinen Spiegel der Geschichte vorhaltend,
diese beschämte. Ein größeres umfassen-
deres Werk hat Graf Kemäny nicht
hinterlassen. Er hatte wohl eine Ge>
schichteSiebenbürgens geschrieben, verwarf
aber selbst diese „mühevolle" Arbeit und
ließ später ein „offen es Bekenntniß"
seiner Ansichten über das Schreiben einer
Geschichte Siebenbürgens drucken, worin
er geradezu sagt, daß derjenige, der schon
jetzt von einer liiLtoiro rHiLonnoL Sie»
benbürgenS faselt, in seinen Augen ein
Schwindler sei. Er selbst befasse sich schon
seit einigen Decennien mit der Geschichte
seines kleinen Vaterlandes, habe Zeit,
Materialien und unermüdete Lust dazu,
glaubte eingedrungen zu sein und hätte
sich
stets nur in den Vorhallen befunden,'
darum müsse er die Erreichung einer
Palme in dieser Hinsicht der spatern Nach-
kommenschaft überlassen und sich lediglich
mit der Eröffnung der Geschicht s>
q u e l l e n , als einer Vorbereitung,
beschäftigen. Viel zu bescheiden und an.
spruchslos lehnte er das Verdienst eines
Geschichtsforschers ab und wollte nur
„als ein fieißiger Sammler und Hand- langer" gelten. Ehrend für ihn, rührend
für uns ist das Selbsturtheil, welches er
kaum vor einem Jahre, am Schlüsse seiner
mehrerwähnten drei Briefe über sich aus«
gesprochen hat: „Daß ich, schreibt er,
aus der Geschichte meines Vaterlandes
Vieles wisse, das fühle ich wohl und
eben daher ist es, daß ich stets zu weit-
läufig werde, bin jedoch weit entfernt zu
glauben, ich wisse in dieser Hinsicht
Alles. All' meine historischen Arbeiten
stnd nur Bruchstücke, welche Ergan«
zungen und Berichtigungen benöthigen
— warum? — weil ich das Studium
der Geschichte mit all' seinen Neben<
zweigen (als Diplomatik, Heraldik, Ge-
nealogie, Archäologie u. s. w.) auf ein-
mal erfassen wollte, — und eben hierin
liegt die Strafe meines Uebermuthes und
meiner Ueberschatzung; denn hätte ich
mich nur einzig einem Zweige des Stu»
diums gewidmet, so hätte ich vielleicht
ein großes erschöpfendes Werk leisten
können, so aber blieb ich für immer nur
ein fleißiger Handlanger, konnte aber
kein genialer Baumeister werden; die
gelehrte Welt möge indessen mit mir
Nachsicht haben, ich habe ja als Hand«
langer und Sammler doch auch etwas
genützt. Unersättlich war mein Wille und
Wunsch, doch die Kraft war viel zu
gering. Auf dem Felde unserer Geschichte
mag ich wohl in einzelnen Kleinigkeiten
großartig sein (dieses ist meine vanitas
sruäita), ohne jedoch auf wirkliche Große
einen Anspruch machen zu dürfen (und
dieses ist meine lrI.ZNitÄ2 Iiumarig.).
Mein zukünftiger Biograph wird ganz
richtig über mich einst sagen: Er hätte
mehr leisten können, wenn er nicht so
viel hätte wissen wollen." Die Samm-
lungen des Grafen sind, wie es sein
Wille gewesen, Eigenthum des sieben»
bürgischen Landesmuseums geworden.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Volume 11
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Károlyi-Kiwisch
- Volume
- 11
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1864
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 498
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon