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Kossuth 1
thy any mit emerDeputation nachWien,
um diesen Beschluß der Sanction des
Kaisers zu unterbreiten. Die Deputation
bestand aus 80 Landtagsmitgliedern, wel-
chen 300 Studenten das Geleite gaben
und die zusammen den feierlichen Einzug
in Wien hielten. In Wien selbst hatte die
Bewegung einen unerwarteten Charakter
angenommen. Der Jubel, mit welchem
die Ungarn in Wien begrüßt wurden,
war groß. Am folgenden Tage, 16. März.
wurde die ungarische Deputation von
Sr. Majestät dem Kaiser Ferdinand
empfangen und von demselben die
Adresse entgegengenommen. Die For.
derung eines verantwortlichen ungari»
schen Ministeriums wurde bewilligt und
Ludwig Graf Batthyany als erster
Premier mit der Bildung desselben beauf»
tragt, in welchem Kossuth das Porte-
feuille der Finanzen übernahm. Indessen
gingen die socialen Neformen in Ungarn
mit einer Hast ohne Gleichen vor sich.
Die eine Partei ließ eben geschehen, was
man ihr gewaltsam anthat und zeigte,
gute Miene zum bösen Spiele machend,
aus Furcht und Besorgniß noch größere
Opfer bringen zu müssen, eine unnatür»
liche Opferfreudigkeit. Kossuth, der
den langst ersehnten Augenblick erlebt,
und an den Besitzenden, so weit es ihm
möglich gewesen, sein Müthchen gekühlt,
benutzte die gewaltsam herbeigeführte
Situation, und in der Zeit vom 17. März
bis 11. April brachte er unter dem Scheine
eines ganz legalen Vorgehens einen Um«
schwung in den Verhältnissen Ungarns
hervor, ebenso unnatürlich als, war nur
der erste Taumel vorüber, von zweifelhaf-
ter Dauer. I n beiden Kammern herrschte
eine fieberhafte Thätigkeit. Es wurde die
völlige Gleichheit der bürgerlichen Rechte
für alle Stande ohne Unterschied pro»
clamirt. Der ungarische Adel, durch die abnormen Zustände gezwungen, den Adel
Frankreichs aus dem Jahre 1789 an
Hochsmn zu überbieten,, leistete nicht nur
auf gewisse Giebigkeiten Verzicht, sondern
überließ der ländlichen Bevölkerung
nahezu die Hälfte des culturfähigen
Bodens des Landes in ausschließliches
und immerwährendes Eigenthum, sich
nur eine geringe Entschädigungssumme
bedingend. Mehr als fünfhunderttausend
Bauernfamilien wurden so mit einem Male
Bescher, jede einer nicht unbedeutenden
Strecke Landes. Das Wahlrecht erhielt eine
fast unglaubliche Ausdehnung. Alle diese
Anträge, in der Abgeordnetenkammer
fast einstimmig angenommen, wurden im
Hause der Magnaten, welchem sie drin«
gend zur Annahme empfohlen wurden,
in gleicher Weise durch Annahme erledigt.
Da aelangten die Beschlüsse der Wiener
Regierung vom 24. März nach Pesth.
Diese Beschlusse ordneten an: die Abfuhr
der Steuern habe wie bisher an die
Hauptcasse in Wien stattzufinden; Alles
was auf Zölle, Finanzen und Handel sich
bezieht, solle von Wien aus geregelt
werden; ferner werden die Angelegen»
heiten des Heeres voir Wien aus ver«
waltet werden und die ungarische Hof»
kanzle! wie bisher ihre Functionen ver»
sehen. Nun warf K. die Maske ab und
that om Ausspruch: „Die Folgen, welche
die Maßnahmen des Wiener Cabinets
nach sich zögen, werden auf die Köpfe
derjenigen zurückfallen, welche dasselbe
zur Stunde leiten". Kossuth, schon
früher die Seele des Ganzen, blieb es
auch fortan. Vor Allem galt es, die ver«
schiedenen nationalen Elemente, aus wel-
chen Ungarn zusammengesetzt war, zu
einigen und in derMagycnisirung glaubte
K. das passendste Mittel gefunden zu
haben. Es wurden magyarische Admini.
stratorm in die slovakischen Comitate
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Kosarek-Lagkner, Volume 13
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Kosarek-Lagkner
- Volume
- 13
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1865
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon