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Kunst 386 Aunft
stelligen sollte. Kunst, durch die Erfah«
rungen der letzten Leidensjahre belehrt,
hoffte sich in einem Jahre, gesetzt, er hatte
nur fünfzehn Mal monatlich gespielt, ein
kleines Vermögen zu ersparen und dann
die letzten Tage seines sturmbewegten
Lebens, die ihm ohne dieses Gastspiel
trübe entgegenstarrten, sorgenfrei, ruhig
und zurückgezogen zu verleben. Von
diesen Unterhandlungen erhielt ein Thea»
teragent in Hamburg Kunde und dieser
hatte nichts Eiligeres zu thun, als nach
New'Uork an den „Kunstpächter" zu
schreiben und ihm mitzutheilen: „daß
der früher berühmte Kunst nur mehr
eine Ruin? sei', daß dem „Kunstpachter"
in Amerika der Name genüge, um ein
Geschäft zu machen, daß er für ihn den
Sohn des berühmten Mimen, der auch
Wilhelm Kunst heiße und die Rollen
seines Vaters spielen könne, engagiren
wolle. und zwar um die Hälfte des
dem Vater versprochenen Honorars, also
um 30 Dollar für eine Rolle". Der
Amerikaner ging auf den Vorschlag des
Hamburger Agenten ein und der junge
Kunst, der gar nicht wußte, daß er
seinen Vater .um diese letzte Hoffnung
brachte, reiste nach New-York, wo er
in der That in den Rollen seines Va-
ters auftrat. Als Wi lhelm Kunst in
Wien den Absagebrief des Frankfurter
Agenten erhielt und bald darauf in den
Zeitungen las. daß sein Sohn in New-
Uork spiele, ihm auch durch einen Ham-
burger Freund die Nichtswürdigkeit, in
Folge deren ihm abgeschrieben wurde,
mitgetheilt wurde', als er diese letzte
Hoffnung seines Lebens zusammen bre»
chen sah. gerieth er in eine solche Auf-
regung, daß er bedenklich erkrankte und
in das Krankenhaus gebracht werden
mußte. Dort erholte er sich in einige?
Zeit. aber nur scheinbar' neuerdings er-
v W»:'zbach, biopr, Ler'ko», ^NI. lG-d krankte er und in kurzer Zeit fand er
durch den Tod Erlösung von dem Elende,
dem er bereits verfallen war, das ihm
aber nun nur noch entsetzlicher entgegen«
grinste. Kunst war eine originelle Per»
sönlichkeit; aber im Leben wie auf der
Bühne vom Wirbel bis zur Zehe Ko«
mödiant. So zum Beispiel bestand sein
größtes Vergnügen darin, mit der er«
wähnten Hanseaten - Medaille in der
Hamburger Gardisten»Uniform oft stun»
denlcmg im Zimmer auf« und abzu-
gehen. Als er in Petersburg gasiirte,
machte er bei den Intendanten. dem
Polizeiminister u. s. w. seinen ersten Be«
such in der Hamburger Bürger.Nniform.
Man hielt dem damals gefeierten Kunst«
ler diese Schwachen zu gute. Bei seiner
23jährigen Jubelfeier als Schauspieler,
welche er im Jahre 1841 zu Königs»
berg mit einer Pracht und einem Pompe
ohnegleichen beging, erschien er selbst
im Costume eines hanseatischen Caval-
lerie-Officiers, das durch ein Paar colos»
sale Phantaste.Epaulets noch größeren
Glanz erhielt. Man sieht, der Komödiant
guckte überall hervor. Er hatte übrigens
eine goldene Zeit gehabt, wo ihm das
Geld in Beuteln in den Schooß flog; so
hatte er auf einer Reise in Schleswig,
also in einem ^ande, wo der Theater»
cultus nicht gang und gäbe. auf einem
Gastspiele von nur 6 Wochen 3W0 Spe-
ciesthaler verdient. Aus Rußland kehrte
er mit Rubeln und Goldstücken bucbstäb»
lich beladen zurück. Aber demgemäß ttat
er auch auf. In Hamburg erschien er
mit förmlichem Gefolge, einem 3ecretär.
einem Bedienten, einem Kutscher, 3 Pfer-
i den, zwei großen Doggen und einer Un
! zahl weißer Mäuse u?id wohnte im ersten
! Hotel am Alsterbastm. Seine Garderobe
! war die glänzendste, die ^m^6 oon den
j Breuern geblitzt, '^d we'-n er als Otto
r. 10. März l8C5 > 23
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Kosarek-Lagkner, Volume 13
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Kosarek-Lagkner
- Volume
- 13
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1865
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon