Page - 386 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Kosarek-Lagkner, Volume 13
Image of the Page - 386 -
Text of the Page - 386 -
Kunst 386 Kunst
von Wittelsbllch seinen Racheschwur gegen
den Himmel donnerte, war seine Hünen«
gestalt von einer RĂĽstung bedeckt, die
ĂĽber 600 Thaler gekostet und deren vier
hatte er in feiner Garderobe. Gin Jahr«
zehend später (im Jahre 4830) fuhr er
schon auf einem einspannigen Wägelchen
— das noch sein Eigenthum war —
ohne Kutscyer, den er selbst oder sein
Neffe abwechselnd vorstellte (letzterer
wur de spater durch den Hufschlag eines
Pferdes getödtet) in München ein und
nahm in einem kleineren Gasthofe der
Vorstadt sein Quartier. Und noch waren
nicht zehn Jahre um, als im Novem»
ber 1859 in einem armlichen StĂĽbchen
in der Vorstadt Iofephstadt in Wien ein
Mann starb, dem das Schicksal in seinen
letzten Tagen so wenig gelassen, daĂź es
einer Collecte unter Freunden bedĂĽrfte,
um ihm die letzte Labung zu schaffen.
Und dieser Mann war der einst so reiche,
so gefeierte Kunst. So schöne Rollen
das Fach zählt, welches K. spielte —
jenes der ersten Helden — so hatte er
doch nur ein sehr kleines Repertoire, weil
er eben meist auf Gastspiele reiste, und
also mit einem, höchstens zwei Dutzend
Rollen vollständig für jeden Bedarf ge-
deckt war. Zu seinen Glanzrollen gehör«
ten: Otto von Wittelsbach, Götz
von Berlichingen, Everard im
«Irrenhaus zu Dijon" , Alboin in
Pannasch' gleichnamigem Stücke, Du«
nois in der „Jungfrau von Orleans",
Posa in „Don Carlos", Kar l Moor,
Hamlet, I a rom i r in der „Ahn»
frau". Thefeus in Schil ler's „Pha-
dra". Als Mensck war K.. der cholerisch,
sanguinischen Temperaments war, wie
man so im Leben zu sagen pflegt, „ein
guter Kerl"; fĂĽr seine greise Mutter sorgte
er bis an ihr Lebensende mit treuer Liebe,
mit der vollen Zärtlichkeit eines guten Sohnes. Mit seinen Freunden theilte er
das Letzte', als Vater erscheint er höchst
achtungswerth, und fĂĽr arme Collegen
hatte er sowohl in den Tagen feines
GlĂĽckes, als in jenen, da er selbst wenig
hatte, stets eine offen? Hand. Kunst ist
69 Jahre alt geworden. An seinem
Sarge sprach der Prediger Porubsky
unter anderem folgende Worte: „Tief
bewegt und erschĂĽttert stehen wir an der
Leiche eines Mannes, der in seinem-Le«
ben viele bewegt und erschĂĽttert hat . . .
wenn er gefehlt und gesĂĽndigt, war er
auch stets der Erste, der sich selbst ange»
klagt, und darum trete Niemand auf und
werfe einen Stein auf ihn — er ist mit
Gott versöhnt". Zu seiner Leichenfeier
waren kaum fĂĽnfundzwanzig Personen,
Collegen der verschiedenen BĂĽhnen
Wiens erschienen — denn für seine
Freunde aus den Tagen seiner BlĂĽthe,
zeit war er ja schon todt, seit er nichts
mehr hatte!'.
Unser P lanet . Blätter für Unl^haltung.
Literatur, Kunst und Theater (^rimma, gedr.
bei Reimer, 8°.) l«37 Nr. Itw u, f..- „Wilhelm
Kunst". — Der Adler. RediKt von Groß.
Hoff inger (Wien, gr. 4".) Jahrgang l«39,
S. l73i: „Die Schauspieler Wiens. Wilhelm
Kunst". — Chronik der Europa (Beilage
;u der Zeitschrift „Europa") 1839. Nr. 49,
S. 1730: „Wilhelm Kunst". — BreS lauer
Zeitung 1860, Nr. 3 u. 3, im Feuilleton:
„Erinnerungen an Wilhelm Kunst". ^Diesc
Erinnerungen schrieb F. Tietz und sie behan»
dein vornehmlich Kunst's zweimaligen Auf»
enthalt in Königsberg: im Jahre 1823 und
1826, zu welcher Zeit auch Ier rmann dort
auftrat. Tietz erzählt den interessanten Con-
flict zwischen Ier rmann und Kunst. alS
ersterer zu seinem Benefice Schiller's „Näu»
ber" gab und ankĂĽndigte: er werde den Franz
und Kar l Moor zusammenspielen. Kunst
hatte keine Ruhe mehr, er schlich sich auf die
Bühne und als nach sehr beifälliger Aufnal-nu'
Ie r rmann hinter die Coulisse trat, warf sich
Kunst ĂĽber ihn, drĂĽckte ihn zu Boden und
begann die Kehrseite des von der Doppel-
leistung Entkräfteten zu bearbeiten. Doch auch
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Kosarek-Lagkner, Volume 13
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Kosarek-Lagkner
- Volume
- 13
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1865
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon