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Kunst 388 Kunt
wenn sie zu viel Champagner getrunken haben".
— Karl Schall parenthesirte eine kritische
Dissertation über ihn mit den Worten: „Ganz
recht, das Göttliche ist in ihm vorhanden;
Kunst ist ein Gott für jeden Dichter und
Zuschauer, sobald er menschlich reden lernt".
— Der alte geistvolle I)i-. Grattenauer
sah von ihm nur Hamlet und Faust von
Goethe. „Es ist ein Räthsel der Natur",
sagte er, „wie sie in demselben Menschen,
einen so großen mächtigen Dichter und cinen
so argen Narren vereinigen kann; dort Alles
Wahrheit, Frische, Schönheit. Geist, Gesund«
heit — hier Alles Krankheit und AlvernM!"
— Heinrich La ube (damals noch jung), sang
Hnmnen des Entzückens nach diesem Karl
Moor und schrieb im Dränge seiner Begei-
sterung einige treffliche krmsche Vlätter und
einen Gustav Adolph für Kunst. — Goethe
räumte ihm in der Rolle des Hamlet den
Rang über alle übrigen Darsteller dieses
Charakters ein. Und treffend bemeistc eine
geistvolle Dame über Kunst: „Er ist wahr»
haftig Apollo selbst, dem die deutschen Verse
noch nicht recht geläufig sind, und der sich
zuweilen in einen gewöhnlichen Komödianten
verwandelt, damit unsere Herzen gegen ihn
sicher bleiben". — Einer seiner Biographen
charakterisirt K. ebenso kurz als treffend:
„Seine Berühmtheit erwarb er sich vor Allem
durch die imposanten äußeren Mitte!, über
die er in seiner Jugend Zu gebieten hatte,
und die er sick trotz seines unruhigen, rast«
losen Lrbens sehr lange frisch zu erhalten
wußte. Seine gewaltige kraftvolle Gestalt,
sein glutherfülltes beredtes Auge. <?in Herr«
lichbs, im Zorn wie im Scherz gleich roll unc>
schön tönendes Organ, angeborner 3inn für
Plastik und eine poetische Individualität wür-
den ihn zum ersten Heldcnspieler Deutschlands
gemacht haben, wenn sich seinem Genie mehr
Studium und künstlerische Bildung zugesellt
hätten. Die Studenten, aber uichl bloß diese,
die Philister aller deutschen Släorc schwärm»
ten für K. Aber es war auch was Apartes
an diesem Manne. Es sprangen Einem die
Augen aus dem Kopfe, wenn man ihn ansah,
wie er dastand, dieser zweite Eßlair . nur
jünger, kräftiger und schöner als sein bereits
alterndes Vorbild, und ebenso wie dieser
„Bühnenheros" als Karl Moor auf oie
mit gelben Nägeln am Schaft beschlagen?
Streiiart sich stützend, gleich ihm den aus
Pappendecktl geformten Theaterbaum bis in
seine Wurzln erschütternd, wenn er mit dem Strick seinen Arm daran gebunden, aber bei
weitem süßer sein „Amalie, du weinst!" her<
vorhauchte. Nicht minder wie stin Vorbild
unehrlich als Ot to von Wiitelsbach auf
des Kaisers Empfehlungsbrief bauend, aber
ebenso ur<grimmig sein Mordschwert gegen das
graubärtige schelttuscheReichsoberhauptschwin'
geno. In ähnlicher mittelalterlicher Derbheit
als eisenhändiger G ötz von B erl ich in gen ,
einem anderen Kaiser seinen Respect uermel»
den lassend, dem Hauptmanne der Neichs«
truppen aber einen ganz anders lautenden
„Despect". Jedoch die Auffassung war bei
ihm immer nur Sache des Zufalls und für
diese seine Auffassung sprechen Thatsachen,
die von gewissenhaften Personen aufgezeichnet
wurden. So geschah es, daß Kunst den
Schröde r'schen H a mlet meisterhaft spielte,
während er dem Schlegel 'schen nicht eine gc«
lungene Scene abgewinnen konnte; daß er im
Klingemann'schen Faust vortrefflich war,
während er den Goethe'schen nie recht zu
lernen vermochte; daß er als Wallen stein
in Bahrt 's Grab es braut ein herrliches
historisches Bild lieferte, während ihm der
Schiller'sche nur stückweise gelang, Leiteten
ihn Naturell und momentane Stimmung glück<
lich. so ko'.nue er die Zusehec zum Entzücken
hinreißen; hingegen k.im es vor, daß er am
nächsten Ta.'.e, in derselben R^lle, z, B. dem
Gr i l l r a r ^er'ichen iDttocar aanz abfiel.
Wo piwslscke Kraft den Erfolg leon^te, c>a
war Kunst in'.mer unübertrefflich, Kunst ist
alö vorzügiiä-st'.r und blendendster Repräsen«
iant jener Zeit. oer Nitter» und Näubertragö«
dien zu betrachten; er gab in dem Wust der«
selben oft Einzelnheiten, die der Verewigung
werth gewesen wären."
KllNt, Karl (Tonkünstler und
Musikkri t iker, geb. zu Wien, gest.
ebenda 4. März 1832). In der früheren
Zeit k. k. Beamter, lebte er mehrere
Jahre in'Linz. Scbon damals, indem er
ein tüchtiger Mustcus war. befaßte er sich
neben seinem amtlichen Berufe mit Aas»
Übung seiner Kunst ünd ertheilte Unter«
richt aus derselben; wahrend seines
Aufenthaltes in Linz war die nachmals
berühmte M a r r a seine Schülerin.-
Später hat er den Staatsdienst aufge-
gegeben und sich ausschließlich der Musik
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Kosarek-Lagkner, Volume 13
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Kosarek-Lagkner
- Volume
- 13
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1865
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon