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Aurandll 440 Kuranda
Wochenschrift Kuranda's, deren vor»
geschrittener liberaler Charakter unzwei-
felhaft zu Tage lag. deren Redacteur die
Rückkehr in die Heimat versperrt, deren
Verbreitung durch bobe Geldstrafen ver»
pönt war, die Fahne Oesterreichs in allen
Fragen seiner äußeren Macht hoch erhe-
ben und mit feurigem Patriotismus ver.
theidigen, wahrend gleichzeitig gegen die
innere Politik deS damaligen Oesterreichs
in ihrer Gesammtheit wie in allen ihren
Details eine auf genaue Sachkenntnisse
gegründete (mir Benützung von Acten-
stücken und Verhandlungen, deren Ver«
öffentlichung bis dahin eine Unmöglich»
keit schien) energische Opposition geführt
wurde. Der unverkennbare österreichische
Geist, der die „Grenzbotm" durchzog,
sowie der Ruf ihres Leiters als Ehren-
mann, von dem eine Indiscretion nicht
zu befürchten stand, führte denselben eine
Reibe von oppositionell gestimmten Man»
nern zu. die in den ständischen Versamm-
lungen Nieder« und Oberösterreichs,
Bteiermarks und ganz besonders Böh»
mens für die Wiederbelebung der alt»
ständischen Rechle thätig waren. Baron
Dob lho f , Graf ^«.ledrich Deym.
Freiherr von St i f t , Fürst ^amberg.
Graf Morzin, Graf Wurm brand
u. A. sendeten an Kuranda theils
sölbststänoige Arbeiten, theils Relationen
über die standischen Bewegungen und
Landtage. Aber wahrend die „Grenz-
boten" diese bisher in Oesterreich geheim
gehaltenen Dinge zurOeffentlickkeit brach-
ten und dem standischen Repräsentativ,
leben Vorschub leisteten, verkannte die
Redaction keineswegs die Gefahr, welche
in diesem Uebergewicht wesentlich feuda-
listischer Revräsöntativkörper für die Frei-
heit in Oesterreich sich ergeben könnte,
und beinahe in jeder Nummer der Wo<
ckenschrift wurde gegen die Einseitigkeit dieser aristokratischen Bestrebungen im
Sinne des modernen Verfafsungssystems
angekämpft. Gleichzeitig waren die
„Grenzboten" bemüht, den in jener Zeit
in Oesterreich auftauchenden poetischen
und lt'terarischen jugendlichen Kräften zu
einem Sammel» und Stützpuncte zu die»
neu. Moriz Har tmann, Alfred Meiß»
ner. Joseph Rank, Uffo Horn n. A.
wurden durch die „Grenzboten" in den
Vordergrund der öffentlichen Aufmerk-
samkeit gebracht, als stegreiche Beweise
für das frische und unverwüstliche geistige
Leben, welches in Oesterreich trotz der
drückendsten politischen Verhältnisse pul«
strte und sich Bahn machte. Wer den
Schmerzensschrei nach Freiheit, den er
selbst zuweilen so leise hinhauchte, daß es
Niemand. der es weiter tragen konnte,
hörte, schwarz auf weiß vor sich haben
wollte, der las die „Grenzboten". Die
„Grenzboten" waren, wie sie ein Schrift«
steller treffend nennt, der „Moniteur" aller
derer, die in Oesterreich über seinen Druck
und geistigen Verfall bittere Thränen
weinten' die allezeit getreue Opposition
im Präger Ständehause legte in den
„Grenzboten" ihre Anschauungen nieder;
der Wiener Liberale flüchtete mit seinen
Wünschen und Hoffülmgen in die „grü>
nen Hefte", und der in Oesterreich gekne«
belte Poet ließ in denselben das freie
deutsche Wort und Lied ertönen. DaS
waren die „Grenzboten" diö zum Jahre
48. das ist: so lange sie Kuranda
geleitet, dem sie ihre Bedeutung, der
ihnen den guten Klang seines Namens
verdankt. Daß sie nach Kur an da's
Abgang dasPlauderstübchen einer Oester«
reichs Schriftstellern feindlichen literarischen
Koterie geworden, ist allgemein bekannt.
I n der Zwischenzeit veröffentlichte K. noch
ein größcres publicistisch'historisches Werk:
Nelgien Zeit 3rimr AeWlntilln" (Leipzig
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Kosarek-Lagkner, Volume 13
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Kosarek-Lagkner
- Volume
- 13
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1865
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 546
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon