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Linde 200 Linde
Ueber die weiteren Schicksale Linde's
können wir unS kurz fassen, 3. trat
seinen Posten als Rector der lateinischen
Schule in Warschau an und sehte seine
gelehrten Arbeiten neben seinem Berufs«
geschäfte fort. Auch jetzt noch — denn
erst nach seinem Abgänge von Wien
begann der Druck seines Zerikons —
wurde ihm von Oesterreich aus namhafte
Unterstützung, denn die Regierung ord»
nete die Beischaffung des Leiikons für
alle öffentlichen Bibliotheken an. Im
Jahre 1807 wurde L. zum Oberschulrath
in Warschau ernannt. Indessen schritt
der Druck des Lexikons sehr langsam
vor und hatte bis zu seiner im Jahre
1814 erfolgten Vollendung mannigfaltige
Schicksale erfahren, hinsichtlich welcher auf
die ausführlichere Darstellung in Linde's
Nekrolog von Waldbrüh l sNeuer
Nekrolog der Deutschen. XXV. Jahrg.
(1847). Nr. 180. S. 347-331^ hinge-
wiesen wird. Als nach dem europäischen
Frieden 1813 Polen von Kaiser Alex an«
d er l. eine Verfassung erhielt, wurde der
bisherige Schulrath, in welchem 3. saß,
Ministerium des CultuS und Unterrichts,
und 3. entwickelte nun bei den Reformen
im Cultus« und Unterrichtswesen eine
umfassende Thätigkeit, saß als Abgeord'
neter in zwei Reichstagen und besorgte
die Ausgabe seines Werkes über das
lithauische Statut, ein in vielen polnischen
und russischen Iandestheilen geltendes
Gesetzbuch. Als endlich in Warschau eine
Hochschule gegründet wurde, erfolgte
Linde'S Ernennung zum Oberaufseher
und Vorsteher der Bibliothek, der Cabi-
nete und Sammlungen, an deren späte-
rem Aufschwünge 3, so wesentlichen An-
theil hat. I n diesen Arbeiten störte ihn
nun der Aufstand des Jahres 1830. an
welchem er sich aber nicht betheiligte,
sondern, seinen gelehrten Beschäftigun« ,^ gen huldigend, defsen Ende und trau»
rige Folgen überlebte. Von letzteren
! blieb er nicht ganz ausgeschloffen, die
Bibliothek, deren Glanz und Reichthum
vornehmlich das Werk seiner Thätigkeit
war, wanderte zum größten Theile nachSt.
Petersburg. 3. selbst wurde an die Spitze
des evangelischen Kirchenwesens und der
Unterrichtsanstalten gestellt. Der Ober«
leitung der letzteren wurde er über scin
Ansuchen im Jahre 1838 enthoben und
blieb nur noch als Kirchenbeamter, und
dieß bis zu seinem im hohen Alter von
77 Jahren erfolgten Tode thatig. Seine
literarische Thätigkeit, die in seinem Wör>
terbuche gipfelt, blieb bis zu seinem Tode
ungeschwächt, jedoch durch den Druck
veröffentlichte er nach dem Jahre 1823,
in welchem er eine polnische Ueber«
setzung der Geschichte der russischen 3ite«
ratur von Nikolaus Grecz herausgab,
nichts mehr. I n Handschrist fand sich vor
eine von seiner eigenen Hand geschriebene
polnische Bibliographie in 22 Bänden
in 8<>. und ein vergleichendes Wörterbuch
der slavischen Dialekte. Sein berühmtes
Wörterbuch, welches in erster Auflage
unter dem Titel: „ ^onnH^s^H Fo/s-
öiSFo« (^Hrs-anH 1807—1814, 4".) in
6 Bänden erschien, wurde vermehrt und
verbessert, über Anregung des tüchtigen
AugustBielowski sBo.I)S.390^ und
im Verlage des gräflich Ossolinski-
schen Institutes in 3emberg unter glei«
chem Titel gleichfalls in 6 Banden (3em<
berg1834. gr.4".) herausgegeben. Viele
Bücherkenner geben noch immer der ersten
Auflage — die aber im Handel längst
nicht mehr zu haben ist und mit Gold
aufgewogen wird — den Vorzug. Daß
es einem solchen Gelehrten nicht an
reichen Ehren fehlte, versteht sich wohl
von selbst. Als das 3exikon im Jahre
1813 vollendet war. schickten ihm die
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Leon-Lomeni, Volume 15
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Leon-Lomeni
- Volume
- 15
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 499
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon