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Lipinski 219 Lipinski
fand, so war auch Paganin i dem nor
dischen Virtuosen zugethan und macbte
ihm den Antrag zu einer gemeinschaft.
lichen Kunstreise durch Italien, welche 3.
jedoch ablehnte und Ende 1848 zu seiner
Familie nach Lemberg zurückkehrte. Nach
seiner Rückkehr in die Heimat erfuhr L.,
daß in Lemberg noch ein Schüler Tar»
tini's lebe. Es war dieß ein neunzig«
jähriger Greis, Namens M a ; zurana,
der Alters halber selbst die Violine nicht
mehr spielen und so Lip inski einen
Begriff von Tar tini 's seiner Zeit so
berühmter Spielweise nicht mehr geben
konnte. Aber indem Mazzurana von
Lipinski Tartini'sche Sonaten mit
unterlegte:! Textworten mehrere Male
mit declcmiatorischer Betonung laut vor«
lesen und dann in analoger Weise spielen
ließ. kam Lip inski , wenn nicht zu Tar.
t ini 's Spielweise, so doch zur Kenntniß
des eigenthümlichen Zaubers, den eine poe.
tisch empfundene und so auch ausgeführte
Leistung auf den Hörer ausübe. Seit
dieser Zeit war er auch immer bedacht,
die Kunstwerke, welche er eben spielte,
poetisch zu erfassen und diese Auffassung
entsprechend in Tönen wiederzugeben.
Auf diese Art erhielt Lipinski 'S Spiel
einen seelen» und ausdrucksvollen Cha«
rakter. und ist es bekannt, wie er namentlich
in der Ausführung Beethoven'scher
Compositionen, bei deren Vortrag der an«
gedeutete Weg allein zum Ziele führt,
in ausgezeichneter Weise sich hervorthat.
Nachdem 3. sicb einige Zeit in Lemberg
aufgehalten, ging er nun auf Kunstreisen,
von denen die im Jahre 1321 nach
Deutschland und eine andere im Jahre
1823 nach Rußland unternommene, auf
welch beiden er große Triumphe feierte,
anzuführen sind. Eine unerquickliche
Periode in Lip i i isk i 's Leben bildet das
Jahr 1829. in welchem L. mitPaga- nini in Warschau zusammentraf und
beide Künstler daselbst zu concertiren
beabsichtigten. Ein italienischer Gesangs«
meister in Warschau, Namens So l i va ,
schmiedete zuPaganini 's. seines Land»
manns, Gunsten allerlei Ranke, entzweite
beide noch aus dem Zusammentreffen in
Piacenza befreundeten Virtuosen und
brachte es zu solcken Demonstrationen,
daß sich zwei Parteien bildeten, deren
jede ihren Schützling auf Kosten seines
Nebenbuhlers zu heben suchte, und in
Folge welcker Rivalität L ip i i isk i zu
einer Erklärung in dcr Warschauer Zei«
tung genöthigt ward, die sick und mit
Recht, auf das bekannte ^.nod' io son
pittorft gründete. j^Es wird hier auf die
interessante Vergleichung Lipinski 's
mit Paganini von Saphi r , welche
in den Quellen folgt, hingewiesen.^ Von
Warschau kehrte 3. nach Lemberg zurück,
welches er nach mehrjährigem Aufenthalte
im Jahre 1835 wieder verließ, und nun
in Begleitung seiner Frau und seiner
kleinen Tocbter eine große Kunftreise nach
Deutschland. Frankreich und England
antrat. Nach Deutschland und Leipzig
kehrte er im August 4836 zurück. Im
Jahre 1839 wurde er zum ersten Concert«
meister des sächsischen Hofes ernannt und
trat am 1. Juli d. I . diesen Posten an.
Vornehmlich seinen Bemühungen verdankt
das Violin'Quartett der kön. sächsischen
Capelle feine entsprechende Reorganisa»
tion. Neunzehn Jahre lag 3. diesem Amte
mit großer Gewissenhaftigkeit ob. als er im
Jahre 1838 von einem für einen Künst»
ler und Musiker seines Ranges harten
Schicksal, von einer Lahmung der linken
Hand, betroffen wurde, welcher Unfall
bn bestimmte, seine Entlassung von dem
Posten alsHof'Concertmeister zu nehmen.
Die folgenden zwei Jahre suchte 3.
Genesung in böhmischen Bädern. Er
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Leon-Lomeni, Volume 15
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Leon-Lomeni
- Volume
- 15
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 499
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon