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Lwt 288 Lisst
cher älteren und neueren Meister, von
LiSzt im Verein mit einer Elite der
weimarischen Künstler (Joachim, Laub.
Singer. Coßmann) und mancher
auswärtigen Notabilität in einer Muster»
giltigkeit und Vollendung ausgeführt,
wie sie nirgends so gehört wurden. Hier
trat die Größe des Künstlers Liszt mit
einer der Welt vielleicht ungeahnten Be>
deutung und Weihe zu Tage. Wer ihn
da hörte, durfte mit Recht eines seltenen
Glückes sich rühmen; von einem höchsten
Genuß: dem der Erschließung des tief»
sten und klarsten Verständnisses der
Worte des Genius, sprechen, die hier
mit unerreichter künstlerischer Ausprägung
und Durchgeistigung ihre reinste Inter.
pretation, die edelste Wiedergeburt fan>
den". Bedeutsame Anknüpfungspuncte
zwischen den Namen Liszt und Weimar
liegen zu Tage und bieten sich dann in
der Summe der tiefgreifenden öffent-
lichen Wirksamkeit des Mannes für die
Gesammtheit der Kunstzustände, unmittel-
bar des Ortes, mittelbar eines weiteren
Bereiches. Mit Beethoven's Onwii-
Symphonie führte sich 3. als Hofcapell«
meister und Meister den Weimarern bei
seinem ersten öffentlichen Auftreten vor.
Nun folgte eine Reihe weiterer Gaben
in der Sphäre der Instrumentalmusik,
deren jede durch ihn und sein Orchester
zum organischen Charakterbilde ausge«
staltet, neuen Zuwachs, wie an Frische,
Wärme, Kraft, Rundung und Feinheit
der Ausprägung, so in innerer Wechsel»
Wirkung, an echtem Kunstgenuß brachte
und neue Blicke in die Tiefe und Größe
der symphonischen Welt eröffnete. Zu
Goethe's hundertjähriger Gedächtniß,
feier brachte er, der Erste, Beethoven's
neunte Symphonie zur Aufführung. Die.
ser folgte später eine Auswahl seiner
eigenen symphonischen Dichtungen und einer Anzahl der originellen, jedenfalls
merkwürdigeren neueren symphonischen
Werke von Hector B erlioz. Auch das
reiche Gebiet der Kammermusik erschloß
unter ihm seine seltenen Schätze; die
gediegendsten Quartette,Quintette, Trio's
der Meister Haydn, Mozar t , Beet»
hoven, Spohr, Schubert, Ons«
low, Mendelssohn und mancher
nachstrebenden jüngeren Kraft wurden
unter seiner Leitung in umstergiltiger
Weise ausgeführt. Durch ihn wurden
tüchtige Künstler, wie z. B. die schon
erwähnten Joachim, Coßmann,
Laub, Edmund Singer u. A, ge-
wonnen, die, während sie im Geiste
des Meisters selbstständig wirkten, auch
als Theile eines orchestralen TonkörperS
unter Liszt's Führung die höchsten Auf'
gaben der Kunst weihevoll lösten. Auch
einen anderen bedeutenden Zweig der
Kunst, die Oper. beseelte Liszt. So er-
hob sich mit ihm an der Spitze die
Gesammtheit der weimarischen Musikzu»
stände bald zu einer solchen Höhe, daß
Weimar der Ausgangs» und Mittelpunct
eines neuen eingreifenden Kunstlebens zu
werden versprach. Die Blicke Deutsch»
lands richteten sich mit Aufmerksamkeit
und erneuertem Interesse nach dem klei«
nen, um sich eines Wortspiels zu bedie«
nen, tonangebenden Weimar. I n
der Geschichte, nicht nur der weimarischen
Oper, der weimarischen musikalischen
Kunst, der deutschen Kunst überhaupt,
nimmt jene Epoche eine hervorragende
Stelle ein. Von Weimar, und durch
Liszt vornehmlich ging jene Bewegung
in der dramatisch'musikalischen Welt aus,
welche — wie angefeindet und verdächtigt
auch, wie mißkannt oder unterschätzt im
Entstehen und Weiterschreiten — ihre
Kreise jetzt immer weiter zieht. Die Werke
Richard Wagner's fanden auf dem
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Leon-Lomeni, Volume 15
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Leon-Lomeni
- Volume
- 15
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 499
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon