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392 Löhner
Löhner's Stellung im Reichstage charak-
teristisch. Im Allgemeinen sprach 3. sich
im Sinne der Centralisation auS gegen
die damals ziemlich klar und fast über-
wiegend hervortretende Richtung des
Föderalismus, dessen zur geräuschlosen
Auflösung führende Tendenzen damals
noch nicht wie heut erkannt wurden. Bei
der so wichtigen Frage der Grundlasten-
ablösung wies er auf die doppelte Noth-
wendigkeit hin: die politische der Auf.
Hebung, die juridische und staatswirth«
schaftliche der entgeltlichen Ablösung für
alle nicht rein persönlichen Leistungen.
Was die angeregte Aufhebung des Adels
betrifft, so meinte er. diesen Antrag ein-
fach durch den der Nichtanerkennung deS
Adels zu beseitigen. Dabei muß bemerkt
werden, daß 3.. so gern er
sich
einen Demo«
traten schelten ließ. nichts weniger als ein
solcher war und daß seine ganze Denkweise,
sein feines, elegantesWesen zu einem solchen
gar nicht paßte. In der ungarischen Frage,
über die er sich in der Sitzung vom
49. September auszusprechen Gelegen»
heit hatte, als die ungarische Deputation,
darunter Deä.k. Eötvös, Pulszky,
Teleky, I rany i u. A., vor den öster-
reichischen Reichstag treten wollte, um
mit diesem zu unterhandeln, entwickelte
er Ansichten, die gerade in unseren Tagen,
da diese Frage wieder drängender denn je
an uns herantritt, großes Interesse dar»
bieten. „Die Zukunft", rief Löhn er
damals, „steht in diesem Augenblicke an
der Pforte des Hauses und wartet, ob
Sie sie wegweisen werden oder nicht; der
Reichstag steht an der Schwelle zwischen
der Anarchie und dem Despotismus. Sie
muffen constituiren, Sie muffen eine neue
Welt schaffen, Sie muffen die Verhält-
niffe der Völker nach allen Seiten so
feststellen, daß eben auch die Völker fest-
stehen. Unsere Pflicht, die eine unabweiS- liche ist, ist zu thun, zu erhalten. Schon
oft habe ich diesen Ruf gehört von man-
cher Seite, wenn ich glaubte, es sei Zeit,
an einem der verrosteten Stäbe der alten
Zeit zu rütteln. Jetzt rufe ich es Ihnen
zu: Erhalten Sie. meine Herren! laffen
Sie nicht Nationalitäten in einem so
furchtbaren Kampfe sich zerstören, daß
für beide nichts als Staub, als Asche
übrig bleiben wird, um es auf ihre
Häupter zu streuen.... Bedenken Sie
es, meine Herren! die Geschichte kennt
kein Privatrecht, für sie gibt es keine
Friftannahme, sie kennt nur den schau-
rigen Terminus, den Präclusivtermin, der
den Moment in der Geschichte einmal
verfehlt hat. den weist die Geschichte ab.
Wenn die Geschichte über unS zur Tages»
ordnung gehen wird. dann gibt es keine
Zurücknahme mehr für den nächsten
Tag." Beachtenswerth ist auch die Art
und Weise, wie Löhn er, der kein
Staatsmann, aber ein guter Oesterreicher
war, die gemeinsamen Angelegenheiten
auffaßt. Er sagt uns, was geschehen
würde, wenn es kein gemeinsames Parla»
ment gibt. „Sie werden", ruft Löhn er,
„wohl einsehen die Gefahr, eine Armee
zu haben und vielleicht zwei oder drei
Ministerien, deren jedes nur seinem Lande
verantwortlich ist und nur für das ver«
antwortlich gemacht werden kann, was
in seinem Landesbezirke geschieht und
nicht für das, was in anderen, indeß der
eine Kriegsminister allen Reichsversamm-
lungen gegenüber stünde und darum
keiner. Eine solche Verantwortlichkeit
wäre ein Such« und Findespiel, wobei
nur ein Theil verloren geht, nämlich die
Freiheit. Ich muß Ihnen sagen, was die
Einheit des Kriegsministeriums zu bedeu«
ten haben würde in den Zeiten, wenn
wir eine Armee und zwei oder drei
sogenannte autonome Reichstage haben
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Leon-Lomeni, Volume 15
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Leon-Lomeni
- Volume
- 15
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 499
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon