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cum, daß er bereits vor vier Jahren mit
dem Mechaniker Naiman eine neuartige,
von dem bisherigen System ganz abwei.
chende Theater-Maschinerie, nämlich ein
Decorationssystem mit beweglichem Po»
dimn erfunden habe. Seine Anzeige
schließt mit einer kurzen Darstellung der
mit diesem neuen Systeme verbundenen
Vortheile. Die,Wien 4.September 1862"
datirte Anzeige ist mit A. Va rry Literat
bezeichnet. Zwölf Tage später war er
eine Leiche. Der Sckwerpunct von L.'s
eigentlicher Wirksamkeit liegt in seinem
Darstellertalcnte nnd in seinen dramati«
schen Arbeiten. Wäre er Schauspieler ge-
blieben und waren seine Stücke in die
Ieit der Tantwme gefallen, so würde
wohl sein Loos ickcht so herbe ausgefal»
len sein. Wie bemerkt, machte sein „Treff-
könia/. welcker in Wien den Reigen der
Sensationssiücke eröffnete, großc-3 Glück.
Im Jahre l848 brachte e>- sein Stück
«Der MonarcbcnspieZel" zur Äuft'ühnmg.
Kaiser Joseph I I . spielt darin eine
Hauptrolle. Dec Versuch, im eigentlichen
Volksdrama daS zu leisten, was bisher
mir im böheren kisioriscken Drama
angestrebt wuroe, war durchaus nicht
mißglückt. 3. aber verließ die betretene
Bahn, kehrte zum Sensationsdrama zu-
rück und nun folgten die Stücke:
„ 3.'eblN2llluk eiiler Zangerin", —- „TrallerApirl
in Krähwinkel", — „Ner Oläcknrr llllil Nutrr-
Name", — das Charakterbild „H'rink und
Compagnie", sämmtlich Stücke, aus denen
ein ganz tüchtiges dramatisches Talent
sprach, das jedock alles, nur kein Glück
hatte. Außer den genannten Stücken
bat 3. wahrend seiner Wanderschaft von
Bühne zu Bühne noch manches andere
geschrieben, theils überseht, bearbeitet,
iheilS auS Novellen und Erzählungen
oramatistrt. Mit einem neuen Charakter«
gömälde hatte er sich am 12. April 1862 zu Director Lehmann, der damals
das Carl-Theater leitete, begeben. 3eh.
mann hatte das Stück angenommen
und 3. selbst sollte darin die männ-
liche Hauptrolle spielen. Von dem Er«
folge hing seine Anstellung im Carl»
Theater ab. Er hatte neuen 3ebensmuth
gefaßt. Nachmittags machte er nock
einen Spaziergang nach Meidling, dort
angelangt, fühlte er sich so unwohl, daß
er einen Fiaker nehmen mußte, der ihn
nach Hause brachte. Als der Fiaker vor
seiner Wohnung angelangt war, lag L.
in Folge eines Schlaganfalls bereits todt
im Wagen. Dem Fiaker hatte er in
Meidling seine letzten zwei Gulden gege-
ben. 3. konnte, wie sein Nekrologist in der
„Presse" bemerkt, im steten Ringen um
das Bischen Brot zur ruhigen Gestal»
tung nicht gelangen; es hatte ihm, wie
Sauter sagt, „die Mühsal des Erwe>
dens sein Bestes untergraben". Rastlos
hin- und hergeworfen von Nothwendig-
kciten. bald Schauspieler. Theaterdich.
ter, Theaterdirector, bald Journalist,
Redacteur. Singspielhalle »Unternehmer,
heute umrauscht vom Beifall, morgen
verlassen von Allen, konnte 3., verstimmt,
verbittert und dennoch muthig fort»
kampfend, jene Ruhe, welche ihm das
3eben versagte, erst im Grabe finden.
Er war ein talentvoller Dichter und
Darsteller, der nur an übelverstandener
Raimund'scher Weise krankte; einer
jener Mrtreter des üblen Humors, die
den scharfen Ausdruck des Mißmuths
und der Unzufriedenheit für rosenrothe
3aune halten; in die schwarze Galle ihre
Feder tauchen und doch Heiterkeit erregen
wollen; die hohen Plänen nachjagen und
über den kleinsten Stein der Wirklichkeit
auf ihrem Wege fallen. 3. hielt sich be-
rufen, der erste Dramaturg Deutschlands
zu werden und — er wurde Director der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Leon-Lomeni, Volume 15
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Leon-Lomeni
- Volume
- 15
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 499
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon