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London Loudon
scheint absichtlich — vereitelt; so konnte
es denn London ganz gut geschehen
lassen, daß die Ruffen. Mangel an
Lebensrnitteln vorschützend, am 1. Sep»
tember wieder abzogen. Loudon konnte
nun wieder allein operiren und sein
Hauptaugenmerk war auf die Festung
Schweidnitz gerichtet, die er nicht in lang»
wieriger Belagerung, sondern durch einen
kühnen Handstreich nehmen wollte. Die
Nacht vom 30. September auf den
l. October wurde zur Ausführung be-
stimmt. General G iann in i und die zur
Ausführung des Angriffs gewählten
Officiere mußten die Festung in Augen«
schein nehmen und bis Abends etliche
hundert Leitern in Bereitschaft haben.
Von zehn Uhr Morgens hielten Huszaren
und Croaten die Festung im weiten
Kreise umschlossen, rückten mit angehen-
der Nacht immer naher gegen dieselbe,
damit kein Mensch hinein oder Heralls
konnte. Der Angriff sollte um halb
3 Uhr Morgens an vier Puncten zugleich
von vier Colonnen, jede zu vier Batail«
lons geschehen: auf das Galgenfort,
IauernicrVrfort, Gartenfort und Bogen»
fort. Die Colonnen wurden von Wal-
l is, O'Donnel l , Link, Kaldwel l ,
Rumel und De Vins geführt. Jeder
Colonne waren die erforderlichen Arbci»
ter, Zimmerleute mit Aertm, Brecbwerk»
zeug und Leitern mitgegeben. Alle vier
Colonnen standen unter Befehl des Ge>
nerals Am adei. Die Unterstützung hin»
ter den angreifenden Colonnen bildeten
vier Bataillone Infanterie und 46
Schwadronen Reiterei unter Karl Liech-
tenstein Md. XV, S. 46,^ und Joseph
Graf Kinsky ^Bd. XI, S. 296^. Um
die Besatzung in der Festung zu täuschen,
mußten die Croaten. welche die Festung
umzingelt hielten, unter General I anus
einen falschen Angriff auf die Nasser- schanze thun. Am Morgen als Loudon
jedem Bataillone seinen Platz anwies,
hielt er eine Anrede an sie, empfahl ihnen
gute Ordnung zu halten und verbot
unter Androhung des schärfsten Kriegs-
rechtes die Plünderung, als Vergütung
dafür versprach er ihnen eine Belohnung
von 100.000 Reichsthalern. Auf diesen
Antrag riefen die braven Wallonischen
Grenadiere: „Nein, Vater L o u d o n ,
führe uns nur zur Ehre, wir brauchen
kein Geld". Um 9 Uhr Abends begann
Am adei seinen Marsch gegen die
Festung. Commandant derselben war
General Zastrow. Die Besatzung be.
stand aus enva 3900 Mann. Um 2 Uhr
Morgens standen die Bataillons vor der
Festung auf den ihnen angewiesenen
Plätzen, ohne von den Preußen entdeckt
worden zu sein. Um halb 3 Uhr begann
der erste Angriff auf das Bögenfort,
welchem sofort die drei übrigen folgten.
Die Preußen empfingen die Belagerer
mit Geschütz- und Gewehrfeuer, diese
aber stürzten unaufhaltsam über das
Glacis in den bedeckten Weg und b>
gannen nun die Außenwerke jeder
Schanze zu stürmen. Schritt um Schritt
wurde die Besatzung im Kampfe in das
Innere der Werke getrieben. Graf Wal«
lis, Oberst des Loudon'schen Regiments,
wurde zweimal schon von den Preußen
zurückgeworfen. Aber von Neuem vor»
stürmend rief er seinen Leuten zu: „Kin-
der. wir muffen die Festung ersteigen oder
ich will hier sterben, ich habe dieß un«
ferem Chef versprochen. Unser Regiment
führt seinen Namen. Wir muffen siegen
oder sterben". Diese Anrede that Wunder.
Das Bataillon sprang muthig in den
Graben, die Ofsiciere selbst trugen die
Leitern 'herbei, diese wurden an den
Hauplwall angelegt, derselbe von allen
Seiten zugleich bestürmt und bald er«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Volume 16
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Londonia-Marlow
- Volume
- 16
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1867
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon