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London 89 London
vieles sich gefallen ließ, damit doch Etwas
für den Dienst seiner Monarchin gewonnen
werde, daß er unablässig darauf sann und
sich damit begnügte, ist eiyer der schönsten
Züge in seinem Gemälde. Selbst seine Feinde
haben sein ausgezeichnetes Talent geehrt und
gefürchtet, auch König Friedrich, der sich
über manchen argen Streich, den ihm 3ou«
don spielte, durch Bonmots an ihm rächte.
Eben weil Loudon in seiner individuellen
Beschaffenheit Friedrichen der gefährlichste
Gegner war, sprach dieser einst im Zirkel
seiner Generale: „Th, meine Herren, wir
haben alle tüchtig gefehlt! Nur mein Bruder
Heinrich und Loudon haben nicht ge>
fehlt". Plutarch hielt es für berichtigend
und belehrend, die Aehnlichkeiten und Ver«
schiedenheiten der Helden verschiedener Zander
und Zeitalter mit einander zu vergleichen.
In diesem Geiste möchte man sagen: Lou-
don war O esterre i ch s Pa ul Aemil und
Marcel! . , Wie Pau l Aemi l war cr im
Dienste strenger Pünttlichkrit höchstes Muster,
oft sagend.- „Niemand gefährde den Stciat
gleich anfangs durch ein großes Vergehen —
aber die, welche Kleinigkeiten vernachlässigen,
vernachlässigten auch die Sorgfalt im Wich«
tigen". Wie'Paul Acmil seine Söhne, so
unterrichtete London seinen Neffen und
wurde es nicht müde, Z^uge seiner Lehr»
stunden zu sein. Loudon war anspruchlos
gleich Pau l Aemi l mitton unter den glän»
zendsten Erfolgen. Des Letzteren Reden an
die Jugend seines Heeres nach dem Siege
über Perseus und nach dein Falle des
makedonischen Reiches scheint eine bloße Wie,
derholung dessen, was Loudon nach jedem
errungenen Vortheile von sich und den 2ei<
nigen bekannte. Man meint die Kunersdorfer
Schlacht ;u lesen, wenn man im Plutarch
Pau l Aemil 's Streit wider Pel.s?us
Phalanx liest und der Romer anfänglichen
Verlust und Rückzug bis an den Berg ^lo«
krum und oeu Sieg entschieden, gleich darauf
bloß durch des Feldherrn untrügliches Auge.
Ebenso gleicht einander die Liebe der Trup'
pen zu beiden, die Liebe, mit der das von
der blutigen Schlacht erschöpfte Heer Pau l
Aemil 's jüngster Sohn Sc ip io suchte, in
der Folge Karthagos Zerstörer und Numantias
Uebenvinder. Wie in den Türkenkrieg 3ou<
don so ging Pau l Aemil in den Krieg
wider daS Stammreich des großen Ale.ran»
der. Aber bald sprach Paul Aemil: „Nur
das erste Consulat habe ich gesucht. Ich er» halte das zweite, weil ihr einen Feldherrn
sucht. Wißt ihr einen besseren, ich entsage,
diesem Amte sogleich. Vertrauet ihr mir aber.
so schasset mir die Kriegsbedürfnisse herbei
und redet nicht und deutet nicht. Ich sorge
für das Uebrige; denn wollet ihr noch von
hieraus der Feldherren Schritte Zug für Zug
regieren, so höhnen unsere Feinde uns noch
mehr, als sie es jetzt schon thun". Durch eben
diese Gegenwart des Geistes, durch welche
Marce l l unter allen Römern seiner Zeit
die meisten Schlachten gewann, siegte auch
Loudon; wie Marcel l wild und muthig
im Kriege und bescheiden und Freund der
Menschen und Künste und Wissenschaften,
wie dieser es war Angeklagt wurde er von
Trenk, wie von den Syrakusenern Mar,
cell, und losgesprochen wie dieser zur Schande
seiner Feinde, an oenen er sich eben so wenig als
dieser jemals zu rächrn versuchte. Joseph,
der immer mit und neben Loudon kriegte
— nie mit Loudon — hatte gleichwohl diesen
dem ganzen Heere zum Muster vorgestellt.
Ihm, den Theresia mit Würden und Ge<
schenken überhäuft, setzte Joseph 1783 im
Saale seines Hofkriegsrathes dieß würdige
Denkmal: „Gioeon Loudon's. des stets stren«
gen Feldmarschalls, de3 tapferen, glücklichen
Kriegers, des trefflichen Bürgers Beispiel,
befahl Kaiser Joseph I I - , auf daß ihn Heer«
führer und Krieger stets nachahmen, hier in
seinem Bilde aufzustellen".
VtücN's Charakteristik Foudon's. In einem
Briefe, den Geliert aus Karlsbad, wo er mit
Loudon bekannt wurde, schrieb, heißt es:
„Eine meiner ersten und liebsten Bekanntschaf«
ten war der Mann, den ich schon genannt habe.
der General Loudon, ein Mann von einem
besonderen Charakter; ernsthaft, bescheiden,
h^lb traurig, fast wie ich; der wenig redete,
fast wie ich, aber richtig und wahr redete;
nichts von seinen Thaten, wenig vom Kriege
sprach, der aufmerksam zuhörte, und in seinem
ganzen Betragcn. in seiner Art sich zu kleiden,
eben diese gefälligste Einfalt und Anständig,
keit zeigte, die in scinen Reden herrschte. Er
ist nicht groß von Person, aber wohl gewach»
sen; hager, aber weniger als ich; hat nach-
sinnende, tief im Kopfe eingeschlossene licht»
graue Augen, oder auch wohl bläuliche, fast
wie ich und etwas röthliche Augenbrauen,
nicht wie ich. Die Aehnlichkeit unseres trauri»
gen Wesens und vielleicht auch die Unähn»
lichkeit unseres Ruhms machte uns bald zu
Freunden. Anfangs mochte er sich vor mir
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Volume 16
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Londonia-Marlow
- Volume
- 16
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1867
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon