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Magnis 272 Magnis
trat, 13 Jahre alt, in den Kapuzinerorden
und wurde bald eine Zierde desselben. Als
Mönch immer nach seinem Taufnamen ge.
nannt, ist er nach dem Familiennamen nur
wenig bekannt geworden. Er machte im Klo«
ster gründliche theologische und naturwissen«
schaftliche Studien, war dann Novizenmeister,
Guardian mehrerer Klöster seines Ordens und
lehrte auch in denselben Philosophie und Theolo.
gie. Da er in der Controverse besonders ausge-
zeichnet war. ernannte ihn Papst Urb an VI I I .
zum apostolischen Missionar fĂĽr ganz Deutsch-
land, Polen, Böhmen und Ungarn und zum
Oberhaupte sämmtlicher Missionen des Nor»
dens. Ob seiner Geschicklichkeit in der Staats»
kunst bedienten sich seiner Zeit besonders aber
der Kaiser Ferdinand I I . und I I I . und
Ladislaus König von Polen seiner zu
diplomatischen Missionen, die er stets mit
glĂĽcklichem Erfolge ausfĂĽhrte. Der Papst
wĂĽrde ihm wohl auch den Cardinalshut
verliehen haben, wenn er nicht die Jesuiten
zu seinen erbittertsten Gegnern gehabt hätte.
Diese hatte er sich aber zu Feinden gemacht,
indem er mit aller Kraft und allen ihm zu
Gebote stehenden Mitteln die UnterdrĂĽckung
des eben entstandenen Ordens der Iesuitinen
beförderte und auf die gegen ihn vorgebrach»
ten Klagen der hochwĂĽrdigen Herren ?I>. auf
eine Weise antwortete, die in der Geschichte
der kirchlichen Polemik des Katholicismus
vielleicht einzig in seiner Art dasteht. Er be»
schuldigte sie geradezu der Ketzerei und der
Corruption in der Moral, seine Anschuldi»
gungen durch Beweise erhärtend. Ihm war
es gelungen, durch die Schärfe seiner Contro»
verse Ernst den Landgrafen von Hessen in
den Schooß der katholischen Kirche zurüszu«
fĂĽhren. Ungeachtet seines Ansehens bei den
FĂĽrsten gelang es den Jesuiten doch, ihn
zur Haft zu bringen und er wurde zu Wien
in's Gefängniß geworfen. Die Hauptbeschul,
digung die man gegen ihn vorbrächte war,
daß er läugne, es könne der Primat des
Papstes aus der hkil. Schrift erwiesen wer«
den. Er hatte diese Behauptung in einem
Schreiben an einen seiner Ordensbrüder aus»
gesprochen und dasselbe zugleich im Jahre
1632 an die Congregation äo ^0x2321162
Käs nach Rom geschickt. Die Suprematie
und Unfehlbarkeit des Papstes war seiner
Ansicht nach auf Tradition gestĂĽtzt. Nur
durch den Machtspruch des Kaisers wurde
er endlich aus seiner Haft entlassen. Als ihm
die Jesuiten, nachdem sie zuvor eine Stelle in seinen Schriften gefälscht hatten, Ketzerei
vorwarfen, erwiederte ihnen Va ler ianus :
„Wie soll ich Beschuldigungen widerlegen,
die man^ nicht einmal beweisen kann. Aber
doch, es gibt noch ein Mittel, und zwar: daĂź
ich feierlich und offen erkläre, daß jene, die
mich bedrohen, ausgezeichnete und geschickte
Betrüger, ebenso arglistige als unverschämte
LĂĽgner sind, wenn sie diese Verbrechen nicht
vor aller Welt beweisen". Pascal in seinen
„lettrss provineiaiss" findet diese Methode
vortrefflich und bemerkt in einer gegen die
Jesuiten gerichteten Stelle ausdrücklich: „Die»
ser Mönch hat das Geheimniß gefunden, Euch
den Mund zu stopfen, man muĂź sich dieses
Mittels in allen Fällen bedienen, wenn ihr
Jemanden ohne Beweis anklagt. Man hat
dann einem Jeden von euch nur zu antwor»
ten wie es dieser Kapuziner gethan: „Du lügst
unverschämt" (msutiris imVuäsntiLLiins)."
Valer ianus hat viele theologische und
philosophische Schriften herausgegeben, als:
^uäiomm äs ^.oktkoliooruiQ rsFuIa ors-
äsQäi Ubi-i VI" (Visnuas 1628, vermehrt
4641); — „0on!k?iL äsmonätratio looi 2W0
looĂĽto, eoiLoris LUoosLsivs moti in vaena
st lumiuis uulli oorxori intiasreutiL" (Vs-
nstia, 1639): — „vs 1u.os no.entiu.in st YM5
ima^ns" (Nomao 1642); — „Or^anum
td.solo3iouui" (Visnuas 1643); — „H.H5UI--
äitatum Noko" (Oraeovias 1646); — „Os
atksismo H.ri5totslis" (VarsoviHs 1647), in
dieser Schrift wiederholt M. einige der Ver»
suche Torr ice l l i 's und soll, heiĂźt es, An<
spruch machen auf dessen nach ihm benannte
Erfindung. Roberval hätte ihn jedoch des
Gegentheils überwiesen; — „vs ksrixatu
Udri äuo, <1o I^ QLiLk sto. stc." lVarsovias
1648); — «^ota NtiowLtsläoULik" (Oolonias
1652). sie enthalten ' die Bekehrungsgeschichte
des Landgrafen von Hessen und noch vieles
andere. Nachdem Valer ianus aus seiner
Gefangenschaft befreit worden, begab er sich
nach Salzburg, wo er seine LebenStage im
Alter von 73 Jahren beschloĂź. sRsIatio
vsriäioa, äs xio obitu N. ?»ti1s Valoriimi
(S. 662, 120.). — Iöcher's Gelchrten-Lexi.
kon. Bd. IV, Sp. 1409 unter Valerianus.
— Xo i^ko^H l^äT'l'stla?^, ValsriHnuL eonkss-
8oi>. — HaM, Diotionuairs, Ausgabe vom I.
1740 (Fol.) Bd.III, S. 234. —
1698 ot ssa..), in der Abtheilung
^2i5toir2 ooö!e,2ikLtigü6 äu, XVII Liöoie".
— Allgemeines historisches Lerikon
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Volume 16
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Londonia-Marlow
- Volume
- 16
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1867
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon