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Manin 373 Manin
liänische Gesellschaft" (Zooitzta. itHliana),
für welche er immer neue Anhänger
warb. Diese Agitation erweckte in nicht
geringem Maße die Besorgniß der Regie-
rung, aber Man in trat allen Vorkeh-
rungen derselben mit dem festen Ent»
Muffe entgegen, nur der Gewalt zu
weicken. Auf diese Weise wuchs M anin'S
Polksthümlichkeit. Die ganze Eisenbahn»
angelegenheit diente aber M. nur zum
Vorwande, um seiner politischen Tendenz
Eingang Hu verschaffen, und diese war:
durch eine Revolution, welche in Italien
entstand, seiner Vaterstadt Venedig zu
der durch ein halbes Jahrhundert einge»
büßten Selbftständigkeit zu verhelfen.
Nicht ein freies, ein einheitliches Italien
kümmerte den Agitator, sein ganzes
Denken und Trachten concentrirte sich in
der Herstellung der Republik Venedig.
Nach dieser Richtung war ihm jedes poli-
tische Ereigniß willkommen und versuchte
er es wie nur möglich für seinen besonde»
ren Zweck auszubeuten. Bald nachdem
im Jahre 1846 die Wahl Mastai's
zum Papste als Pio IX. stattgefunden,
begannen die politischen Wirren durch
ganz Italien und nahmen einen immer
intensiveren Charakter an. Man in , sich
nicht mehr zurückhaltend, ergriff nun mit
einer Verwegenheit, die allgemeines Stau»
nen erregte, die Initiative. Er verfaßte
am 24. December 4847 eine Petition, die
er ganz allein unterschrieb und in der
er im Wesentlichen verlangte, daß das
lümbardisch'venetianische Königreich ein
nationales werde, mit einem Vicekönige
an der Spitze, mit von dem Cabmete in
Wien unabhängigen Ministern, die un>
mittelbar unter dem Kaiser selbst stehen;
er forderte eine italienische Armee, ge»
trennte Finanzen, ein Parlament für das
Königreich, gewählt auf breitester Grund,
läge, öffentlich tagend und Gesetze und Lasten bestimmend, Freiheit der Gemeinde.,
öffentliches und mündliches Gerichtsver»
fahren, Freiheit der Presse, National-
garde, Ablösung der Lehen und allge«
meine Revision der sämmtlichen bisher zu
Recht bestehenden Gesetze. Diese Petition
hatte weiter für das Allgemeine keine
Folgen, aber ihr Autor, den man als
nächsten Urheber der in Mailand, Vicenza
und Treviso ausgebrochenen Unruhen be«
trachtete, wurde am 18. Jänner 1848
verhaftet. I n der Haft selbst veharrte
er energisch auf den ausgesprochenen
Forderungen. Erst die Revolutionen,
welche in Paris und Wien im März d. I .
ausbrachen, gaben ihm die Freiheit wieder.
Vom Volke am 18. März 1848 befreit
und im Triumphe durch die Straßen
der Stadt geführt, war es nun er, der
die Bewegung organisirte. Die Ereignisse
nahmen sofort unaufgehalten ihren Lauf.
Die Militärbehörde in Venedig, an deren
Spitze Feldmarschall-Lieutenant Ferdi-
nand Graf Zichy stand, war rathlos.
AlS Befehl zur Entwickelung der Trup.
penmafsen gegeben wurde, statterten be«
reits die italienischen Farben von einem der
drei Mäste, die vor der Faxade des Mär«
custhurmes stehen. Die Revolution, mir
französischem Gelde bezahlt und geför-
dert. entwickelte sich unaufhaltsam, Ma»
nin wurde aufgefordert, eine neue Re-
gierung zu bilden. Am 23. März 1848
überreichte er der Municipalität die Liste
der Personen, welche die neue Regierung
bilden sollten. Die Repräsentanten von
Sardinien, der Schweiz und Nordamerika
beeilten sich mit der Anerkennung des
neuen Standes der Dinge. Manin
nahm seine Stelle als Präsident der
neuen Republik Venedig an. Der weitere
Verlauf der Revolution ist bekannt; von
allen Provinzen des Königreichs blieb
nur eine, jene von Verona, im Besitze der-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Volume 16
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Londonia-Marlow
- Volume
- 16
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1867
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon