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Metternich 34 Met'^.nch
Angelegenheiten des Polyglotten Staa»
tes that, nicht selten den Kopf schüt-
telte, weil es ihm, wie es da stand,
ganz und gar nicht gefallen wollte.
Die Lage Oesterreichs war aber auch in
seiner ganzen Zusammensetzung eine
nahezu verzweifelte. Von einer Seite
von Preußen gedrängt, das vor keinem
Mittel zurückschreckte, um seine materielle
Macht zu vergrößern und eines Tages —
den wir nun auch erlebt — sich an die
Spitze Deutschlands zu stellen; auf einer
anderen von Rußland bedroht, welches
nach und nach alle Slavenstämme unter
einen Hut zu bringen sucht, und unaufhöv
lich daran arbeitet, sich eines Tages aller
dieser Gebiete zu bemächtigen, die es im
Geiste bereits als sein Eigen betrachtet;
im Besitze seiner italienischen Länder
theils durch Bewohner derselben selbst,
theils durch Frankreich, das seinen Ein»
fluß auf der italk'. 'schen Halbinsel nicht
aufgeben will, ist Oesterreich immer in
einer Lage gewesen, welche die Leiden»
schaft Metternich's für seine status
quo-Politik, wenn nicht entschuldigt, so
doch vollständig erklärt. Daß er von der
Unhaltbarkeit seines Systems für die
Dauer selbst überzeugt gewesen, will man
aus der Antwort ableiten, die er einem
deutschen Gelehrten gegeben, als ihm
dieser entgegenhielt, er habe zu sehr für
die Gegenwart, aber zu wenig für die
Zukunft gethan, und welche Antwort
das sprichwörtlich gewordene „^.proZ
iQoi Is äeluFy"^) gewesen sein soll. Die
Sündfluth brach noch früher herein. Die
Märztage des Jahres 1848 zerstörten
mit einem Male nicht nur die Itatug
^o-Politik des Fürsten, sondern machten
*) Diese Phrase führte Frau von Pompa.
dour im Munde ^NsLai 5ur la NlarguiZo
äs L>owp2äoul, in den Memokcn der Frau
du Hausset, l824, S. XIX. seine eigene Position unhaltbar. Am
12. März wurde dem Kaiser eine Volks»
adreffe mit 10.000 Unterschriften über-
reicht, in welcher um Verleihung einer
Konstitution, Preßfreiheit, Geschwornen-
gerichte und anderer, freisinniger Insti»
tutionen, mit einem Worte um eine
gänzliche Umänderung deS Mette rnich-
schen Regierungssystems gebeten wurde.
Am anderen Tage zogen die durch die
Vereinigung mit den Polytechnikern ge<
gen 2000 Mann starken Studenten der
Wiener Hochschule von einer unüberseh»
baren VolkSmaffe begleitet vor das Ge<
bäude der Landstände, und brachten der
kaiserlichen Familie, dem Militär und
dem Papste donnernde Hochs, dem Für'
sten Metternich „Nieder". Da die
Aufregung von Minute" zu Minute stieg,
so rückte Militär aus und stellte sich
schlagfertig auf, dieß brachte den Auf.
stand zum vollen Ausbruche, das Zeug«
haus wurde erstürmt, zwei Thore der
Linie niedergebrannt, und Garten und
Villa des Fürsten auf dem Rennwege
verwüstet. Auf beiden Seilen gab es
Verwundete und Todte. Endlich verkün-
deten um 7 Uhr Abends Bürgergarde-
Ofsiciere in den Straßen: „Fürst Met«
ternich habe seine Entlassung eilige»
reicht". Mit namenlosem Jubel wurde
diese Nachricht aufgenommen, die Stadt
wurde illuminirt und der Kampf hatte
vorerst geendet. Am 14. März wurde
Preßfreiheii und Errichtung einer Natio»
nalgarde bewilligt; Bürger und Studen-
ten zogen bewaffnet durch die Straßen
und erhielten die Ruhe. Der Fürst hatte
sich mit seiner Familie über Sachsen nach
Holland und von da nach England be»
geben. I n England fand er eine der
Bedeutenheit seiner langjährigen Wirk«
samkeit entsprechende Aufnahme. Als die
Stürme sich etwas gelegt hatten, wendete
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Volume 18
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Metastasio-Molitor
- Volume
- 18
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 522
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon