Page - 166 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Metastasio-Molitor, Volume 18
Image of the Page - 166 -
Text of the Page - 166 -
e^ Peter 400 166 Peter 100
gelernt, endlich, als sie inne ward. daß
sie, ein armes Bauernweib, nicht im
Stande wäre. das Herz des französischen
Generals zu rühren, da fiel es ihr und
ihren Freunden ein. daß in Bohen eine
Frau wohne, welche durch ihre hohen
Geistesgaben und durch ihren ausgebrei'
teten Grundbesitz eine hervorragende Stel-
lung in der dortigen Gesellsckafl einnahm
und eben dadurch auch einen wichtigen
Einfluß auf die allgemeine Stimmung
übte. Diese Dame, deren Haus das
geistige Hauptquartier für Tirols treue
Söhne, aber auch das neutrale Gebiet
war, auf welchem sich Freund und Feind
begegnete, welche eben deßhalb vom Mo-
mente seines Einmarsches der französische
General Baraguay d 'Hi l l iers ganz
besonders auszeichnete, war die Witwe
Maria Anna Giovanel l i Md. V,
S. 194^. Verehrt wegen ihrer echten
Frömmigkeit und geliebt als Wohlthäte»
rm der Armen und Trösterin der Betrüb-
ten. Zu dieser Frau eilte May r's Gattin,
warf sich mit ihren Kindern ihr zu Füßen
und bat, sie möge Gnade für ihren Mann
erwirken. Die edle Frau, welche von dem
traurigen Schicksale des Gefangenen
bereits Kenntniß hatte, war den Bitten
der Unglücklichen schon zuvorgekommen.
Nach Anderen habe die Gemalin Bara-
guay's, eine geborne Deutscde, die einen
großen Einfluß über ihren Gatten besaß,
sich des Verurtheilten mit besonderer
Wärme angenommen. Vielleicht, und
das ist das Wahrscheinlichste, mochten
beide Umstände eingewirkt und dadurch
der General zu anderen Maßnahmen
umgestimmt worden sein. Kurz, das Ur-
theil wurde unter dem Vorwande einiger
Formalitätsfehler cassirt, eine neue Unter-
suchung angeordnet und dem Inquisiten
ein Rechtsbeistand in der Person des
Advocaten Dr. Knol l von Dornhof bei. gegeben. Der Machtspruch der Gnade
durch den General war jedoch von einer
Bedingung abhangig, nämlich: „daß
Mayr vor dem Kriegsgerichte feierlich
erkläre, er habe zu jener Zeit, als er
neuerlich zu den Waffen gegriffen hatte,
von den Bestimmungen des Znaimer
Waffenstillstandes und deS Preßburger
Friedens nichts gewußt". Dr. Knol l be»
gab sich nun zu dem Verhafteten in's Ge-
fängniß, wo sich dessen Weib mit Anna
Giovanel l i bereits befanden und
ihm die frohe Kunde überbracht hatten.
Die Freude über seine Rettung wich aber
einem tiefen Ernste, als er aus dem
Munde seines Vertheidigers die Bedin»
gung, welche an seine Rettung geknüpft,
war, vernommen hatte. Ohne sich lange
zu besinnen, entgegnete er: „Die Erfül-
lung der für meine Rettung gestellten
Bedingung ist unmöglich. Ich habe von
den Friedensbestimmungen gewußt und
eben deßhalb zu den Waffen gegriffen,
um einen Verzweiflungskampf zu wagen;
ich bin der Wahrheit und den Geboten
Gottes treu geblieben mein Leben lang
und werde nie durch eine Lüge mein
Leben erkaufen. Gottes Schutz und
Segen wird um so kräftiger auf Euch
ruhen". Alle Bitten und Vorstellungen
seiner Gattin, seines Vertheidigers waren
vergeblich. Es waren die letzten Worte
dieses Glaubenshelden. Ein zweiter Tho-
mas MoruS — aber nur ein schlichter
Bauer — wollte er durch eine Lüge sein
Leben nicht erkaufen. Der Werth dessel«
ben erschien ihm nicht hoch genug, um es
um den Preis angetasteter Sitte, ange«
tasteter Rechte, angetasteter Treue, ange-
tafteter Ehre, angetasteten Gewissens zu
retten. Am 49. Februar 1810 wurde
das zweite Kriegsgericht gehalten und
— die einfache Stimmenmehrheit hatte
entschieden — das Todesurtheil über ihn
back to the
book Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Metastasio-Molitor, Volume 18"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Volume 18
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Metastasio-Molitor
- Volume
- 18
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 522
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon