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Mchiel 218 Mchiel
Michiel, Iustina (Schriftstelle,
rin und KĂĽnstlerin, geb. zu Vene<^
dig 18. October 1733, gest. ebenda
6. April 1832). Eine Tochter Paul
Renier's, eines venetianischen Edel<
mannes aus alter und berĂĽhmter Fa<
milie, und der Cäcilia Manin. deren
Bruder Ludwig Doge war. Sie
erhielt eine vortreffliche Erziehung und
heirathete, 20 Jahre alt, den Patrizier
Marco Anton Michiel. Mit ihrem
Gemal begab sie sich nach Florenz,
dann nach Rom. wo ihr Geist und
ihre Anmuth bald einen Kreis von
Auserlesenen um sie versammelte,
unter denen Vicenzo Monti, Hip.
polyt Pindemonte u. A. sich be-
fanden. Als ihr Vater, der, wahrend sie
in Rom lebte, am päpstlichen Hofe die
Stelle des Gesandten der Republik be.
kleidete, diese Stelle niederlegte, begab
auch sie sich gleich ihm nach Venedig
zurĂĽck, wo ihre Neigung fĂĽr Literatur
um so reger wurde, als der Verkehr
mit Männern wie Bettinelli ^Bd. I,
S. 337). Canova M . II . S. 251).
Cesarotti M . II, S. 327), Diedo
sBd. III, S. 282^. Foscolo M . IV,
S. 302). Franceseoni Md. IV,
S.313). GambaMd.V, S. 80) u.A.
dieselbe nährte und förderte. Von dem
bloßen Genusse geistiger Schöpfungen
war der Schritt zum Selbstschaffen nur
ein kleiner, und sie begann mit einer
Uebersetzung der Dramen Shakesp ea»
re'S, von denen „Othello", Macbeth"
und „Coriolan" bei Constantini in
Venedig in den Jahren 1798 und 1802
im Drucke erschienen. Die Aufmerksamkeit
der gebildeten Welt richtete
sich aber erst
auf sie, als sie die „I^ttera ai si^ uoi-O
äi OKato2.udri2.Qa" veröffentlichte, wel»
cher Brief bald in mehreren der gelesen«
sten Journale jener Zeit nachgedruckt wurde. Chateaubriand hatte näm«
lich in einem Briefe an einen Freund,
datirt aus Trieft, 30. Juli 1806, dessen
Begeisterung fĂĽr Venedig durch ein ge.
ringschätzendes Urtheil über die Lagunen«
stadt, welches in der Phrase: Vsnios
62t nn.6 vilis eontre nature gipfelte,
zu dämpfen gesucht. Auf diesen Brief,
mit dem Angriffe auf ihre Vaterstadt,
gab nun Iustina dem berĂĽhmten
Franzosen öffentlich eine Antwort, in
welcher unter anderem auch, als Ab»
fertigung der obigen Phrase Chateau»
briand's, die treffende Stelle
sich
befin»
det: Hon, o<2 n'eLt pas oontrs naturo,
moQsisui', o'sst au äsLsus äo lg. na-
turo yuä Veniäs o'62t eisvös (nein,
mein Herr, nicht gegen die Natur,
fondern ĂĽber die Natur hinaus hat
Venedig sich erhoben). Noch mehr
aber steigerte sich ihr litcrarischer Ruf
durch ein bis jetzt unĂĽbertroffenes
Werk, betitelt: „O^ ins Hs^s/ssts 1^6-
nsse'ans", welches , ebenso anziehend
durch die Form als den geschichtlichen
Inhalt, bald allgemeine Aufmerksamkeit
fand. Die erste, jetzt schon ungemein seltene
und sehr gesuchte AuSgabe erschien zu Ve»
mdig in fünf Bänden (1817—1827, 8".,
<3oi tipi äsli'^lvisopoli) mit der franzö-
fischen, unter Justin a'S Aufsicht bewert»
stelligten Uebersetzung zur Seite; eine
zweite minder schöne Ausgabe, welcher
aber der französische Text fehlt und bei
welcher ĂĽberdieĂź mehrere Auslassungen
zu beklagen sind, erschien in Mailand bei
Lampato im Jahre 1829 mit col. Ab«
bildungen; endlich eine dritte wurde in
neuerer Zeit, 1836 u. f., von Gaetano
Longo in Venedig veröffentlicht. Dieses
Hauptwerk der Michiel , womit sie
viele Jahre beschäftigt war, sichert der
Verfasserin ein bleibendes Andenken und
verdient als das Werk einer Frau, wel»
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Volume 18
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Metastasio-Molitor
- Volume
- 18
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 522
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon