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Geburtstag und dieser zwölf Jahre alt,
nahm, als die Familie um den Früh-
stückStisch versammelt war, der Vater
das Wort, und erklärte seinen erstaunten
Zuhörern, daß er nächster Tage mit
Johann nach Dresden wandern wollte,
um ihn in den dortigen geistlichen Singe»
chor zu bringen. Alle Einreden der
Mutter, die ihren Liebling nicht fortlassen
mochte, waren fruchtlos. Schon wenige
Tage später folgte dem Worte die That.
Der Vater packte des SöhnchenS Betten.
Kleider und Leibwäsche auf einen Schieb»
karren, den er in Person fuhr, während
Johann, mit einem Bündelchen im
Arme, das er abwechselnd auch auf sei»
nein Stocke über den Schultern trug.
rüstig nebenher schritt, daS Herz voll
seligster Zukunfrstraume. In Stolpen
wurde übernachtet und am anderen Nach«
mittags waren die beiden Wanderer in
Dresden. Im geistlichen Hause, nach dem
sie sofort ihre Schritte lenkten, fanden sie
beim l'll.ter Superior die wohlwollendste
Aufnahme; freundlich hörte derselbe des
Vater Miksch Wünsche an und ließ als«
hann den Singlehrer Cornel ius rufen,
um dieFahigkeiten des jungen Böhmen zu
prüfen. Da sowohl Johann'S Stimme
und Gehör, als auch sein musikalisches
Talent den vollen Beifall des Gesang«
Meisters fand, und dieser Miksch für
sehr geeignet hielt, dem Capell<Knaben>
chor einverleibt zu werden, gestattete der
gütige Superior den Eintritt des Knaben
in das geistliche Haus. Hier war der
Knabe durch seinen aufgeweckten Ver«
stand und regen Fleiß, wie durch sein
ehrerbietiges Benehmen schnell, der er»
klärte Liebling des l'a.tsr Superior, so
daß dieser ihm manche Vorrechte vor
den anderen Knaben einräumte. Auch
Cornel ius fand an Mikscb's wohl»
klingender Altstimme großes Wohlgefal- len. Im Clavierspiele war Eckersberg,
im Violinspiele Kammermusiker Schu«
ster, im Orgelspiele Binderder Lehrer
unserS Johann, welcher im Ganzen
sechs Jahre im geistlichen Hause zu«
brachte, bis ihn die eintretende Mutation
seiner Stimme für den geistlichen Chor
unbrauchbar machte. Der gute ?2tbr
Superior wirkte dem jungen Menschen
bei seinem Austritte auS dem geistlichen
Hause durch den Beichtvater deS Königs
eine jährliche Pension von 100 Thalern
aus. um den Armen doch nicht während
der Zell seines Stimmwechsels ohne alle
Subsistenzmittel zu lassen. M. miethete
sich nun bei einer armen Witwe ein, die
für ein Zimmer und das Morgenfrüh«
stück nur 3 Thlr. monatlich beanspruchte.
Von den übrigen 3 Thlrn. 10 Ngr. sollte
Miksch sein Mittag- und Abendbrot,
Kleidung und Schuhwerk, und waS sonst
nock nothwendig war, bestreitcn, was
denn doch nicht recht anging, so daß
er bald auf Mittel sinnen mußte, seine
Einnahmen zu vergrößern. Seltsamer
Weise dachte er wieder in erster Reihe
nicht an die Verwerthung feiner musika»
lischen Kenntnisse, sondern — er debutirte
als Holzbildhauer! Schon während deS
Aufenthaltes im geistlichen Hause hatte er
in seinen Freistunden mit einem bloßen
Federmesser allerlei Gruppen in Holz zu
schneiden versucht, von welchen ihm eine
Jagd mit Felspartien, Waldung, erleg,
tem Wilde und ruhenden Jägern mit
ihren Hunden am geeignetsten zum Ver-
kaufe erschien. Miksch bot das kleine
Kunstwerk einem Drechsler an, welcher,
über diese selbstständige und mühsame
Arbeit erstaunt, ihm zwar nur einen
Thaler dafür auszahlte, jedoch sofort
neue Bestellungen machte. So lieferte
unser junger Freund nun bald eine Reihe
hübscher Arbeiten, die sich gut verkauften,
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Volume 18
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Metastasio-Molitor
- Volume
- 18
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 522
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon