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Milde 303 Wilde
Untergebenen mit Umsicht und Mäßigung.
Im I . 1834 erfolgte seine Berufung auf
den erzbischöflichen Stuhl in der Haupt-
stadt deS Kaiserreiches. Diese Ernennung
machte damals großes Aufsehen. Wien
wurde bekanntlich erst im Jahre 1723
unter Papst Innocenz und während
der Regierung Karl 's VI. zum Erzbis»
thume erhoben. Die Vorgänger M il«
de'S waren die Grafen Kol lon ih
Md. XII, S. 363^. Trautson. Mi-
gazzi ^S. 244 d. Bds.), Hohenwa rt
^Bd. IX) S. 208) und Fi rmian ^Bd.I V,
S. 234^. Die Erhebung eineS einfachen
Bürgersohnes auf einen so glänzenden
Posten nach so vielen Sprößlingen aus
den ersten Adelsgeschlechtern der Monar>
chie konnte während der Negierung deS
Kaisers Franz als eine seltene AuSnahme
betrachtet werden. Als Erzbischof Wiens
findet sich der Name deS Kirchenfürsten
überall genannt, wo die Religion beru»
fen wird, dem Wohl und Wehe der
Menschen ihre Weihe zu ertheilen. Das
1?6 Ohum zum Danke für die Erlösung
Wiens von der Geißel der Cholera (im
Jahre 4832), die Trauerfeierlichkelten für
Kaiser Franz I.. seinen großen Wohltha»
ter (1838), die Huldigungsfeier für den
neuen Monarchen am 14. Juni 1833, die
Einweihung des Monumentes für Kaiser
Franz (1843), die erste Restauration (!)
des uralten Domthurmes (1847 vollen»
der), die Feier so manchen Trauer« und
Freudentages für das Allerhöchste Herr-
scherhaus — und im Jahre 1833 — der
Segen, den er über den geretteten Tra-
ger der kaiserlichen Krone aussprach —
eS sind eben so viel Erinnerungen an
sein segeusvolleS Wirken als Oberhirt
der ersten Diöcese deS Reiches. Auch
sonst war seine Wirksamkeit wahrend der
zwei Decennien des Oberhirtenamtes
in seiner Crzdiocefe ein umfassendes und wohlthuendes. In demselben Geiste,
wie vordem als Bischof von Leitmerih,
wirkte er auch jetzt nun unter weit
schwierigeren Verhältnissen fort. Er
hatte mit vielen und gewaltigen Hmder-
niffen zu kämpfen, heftige Gegner zu
überwinden oder zu versöhnen. Aber
sein klarer Verstand, seine Weisheit,
Ruhe und Mäßigung, sein Scharfsinn
und praktischer Blick drangen durch.
Erst in den letzten Jahren vor der Revo»
lulion. als in Folge der Umtriebe mit
dem heiligen Rocke zu Trier sich in der
deutschen katholischen Welt ein finsterer
Geist mittelalterlicher Verketzerung. der
stch noch gegenwärtig bemerkbar macht,
zu regen.begann, wurden von Seite
einer bekannten zelotischen Partei, welche
besonders in Bayern hervortrat, in den
kirchlichen Organen manche heftige An-
griffe gegen die Person des Erzbischofs
gemacht, welche hauptsächlich darin ihren
letzten Grund fanden, daß in der Wiener
Diöcese solche Uebergriffe nicht aufkom»
men konnten. Wer die Verdienste M i l«'
d e's um die Fortschritte wahrer Duldung
auf kirchlichem Gebiete unter den dama»
ligen Umständen durch einen Zeitraum
von mehreren Jahren beobachtete, und
die großen Anstrengungen kannte, womit
er sich den fanatischen Bestrebungen ge»
wifser, Kongregationen beharrlich wider»
setzte, der mußte die nächtliche Demon-
stration wahrhaft bedauern, welche am
3. April 1848 vor seiner Wohnung in
der BischofSgaffe staltfand, und welche
ihren Givfelpunct in dem scheußlichen
Placat vom 3. September 1848: „Die
Geheimnisse des hochwürdigsten Wiener
Consistoriums, oder das geistliche Klee«
blatt: Erzbischof, Weihbischof und
Kanzleidirector" fanden. Nach diesem
unvorhergesehenen Ereignisse, welches
von Einzelnen ausging und der Wiener
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Volume 18
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Metastasio-Molitor
- Volume
- 18
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 522
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon