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Nagn 66 Nagy
Der Erfolg, den Nagy auf diesem
Landtage als Redner und Vertreter der
Nation erntete, war groß. Während der
Reichstag mit gespannter Aufmerksamkeit
seinen oratorischen Ergüssen horchte und
zujubelte, war die Regierung mit dem
Manne, der ihr so überall in die Quere
trat, nichts weniger als zufrieden, und
Nagy wurde nach Wien beschieden „aä
auäisnäuiu vsrduru, roFiurn") das eben
nicht in Beisallsäußerungen bestand. Auch
damals schon kannte man das so erfolg,
reich in allen Landern, wo Parlamente
zu regieren glauben, beliebte System,
mißliebige Redner durch ein Amt zu
ködern und sie dadurch entweder der
parlamentarischen Wirksamkeit zu ent-
fremden oder doch derselben den ver»
wundenden Stachel abzubrechen. Auch
bei Nagy versuchten es die obersten
Leiter der Regierung, ihn zur Annahme
eines öffentlichen Amtes zu bewegen, aber
vergeblich. Nagy lehnte ab, er wollte
unabhängig bleiben, kehrte mit Ende des
Reichstags in seine Häuslichkeit zurück
und setzte im Oedenburger Comitate, wo
seine Besitzung gelegen war, daS ihm
gleichsam eigen gewordene Vormunds«
amt deS Volkes fort. Wie wenig aber
Agitatorisches in Nagy's ganzem Wesen
lag, wie er also eben nicht sich, sondern
nur die Sache, die er. vertrat, das Volk,
für das er eintrat, im Auge hatte, sollte
der nächstfolgende Reichstag beweisen.
Dieser versammelte sich im Jahre 4811.
Mit dem königlichen Einberufungsschrei-
ben gelangte zugleich ein Decret an den
Obergespan des Oedenburger ComitateS,
die Wahl Paul Nagy'S, der durch den
Umstand, daß er kein Regierungsamt
annehmen wollte, nur um so verdächtiger
geworden, mit allen zu Gebote stehenden
Mitteln zu hintertreiben. Nagy's Popu«
larität war so groß, übrigens der Anhang seiner Verwandten, Freunde, Insur-
rectionskameraden in der Umgegend so
bedeutend, daß er seiner Wahl gegen
den Willen.des Obergespans und unge«
achtet aller Vorbereitungen desselben,
um sie zu hintertreiben, sicher war. Der
Obergespan — Fürst Eßterhäzy —
mochte seine Situation ebenso wie seinen
Mann kennen. Er theilte also Nagy im
Vertrauen das oberwähnte Regierungs«
decret mit. Wo stecken die Männer, die
in ihrer Unabhängigkeit und Furchtlosig.
keit daS thäten, was Nagy gethan?
Und was that Nagy? Er ließ sich nicht
von den verlockenden Erfolgen eineS
namenlosen Triumphes, nicht von seiner
Eitelkeit, nicht von allen jenen diaboli-
schen Einflüsterungen eines selbstbewuß»
ten, nach Macht und Einfluß dürstenden
Ich verleiten — Nagy trat sofort frei-
willig zurück. Er sah ein, daß bei der
Stimmung der Regierung gegen ihn. bei
der Art und Weise, wie sie der Reichstag
sich gefügig zu machen verstand, doch
seine Sache eine Verlorne war. I n den
Wind reden wollte er nicht und seine
Kraft lieber für eine passendere Zeit
sparen. Er nützte dadurch sich, weil man
an maßgebender Seite erkennen mußte,
daß er nicht agitiren, sondern nach seinem
Gewissen rathen, daß er nicht der Regie«
rung Hemmnisse bereiten, fondern sie eben
bewegen wollte, die Hemmnisse, die ihr be-
reits im Wege lagen und die über kurz oder
lang beseitigt werden mußten, auf eine
ihr Ansehen mindest gefährdende Weise
zu beseitigen; und er nützte dadurch seiner
Sache, die, war sie wirklich gut, zuletzt
siegen mußte, war sie eS aber nicht, durch'
alle Schönrednerei der Welt zu einer
solcben nicht gemacht werden konnte. So
verlebte Nagy die folgenden Jahre in
politischer Unthätigkeit, als eine nou.
sein Feld pflügend und
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Volume 20
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Nabielak-Odelga
- Volume
- 20
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1869
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon