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Staatsdienst getreten und erprobte schon
4820 sein Talent und Geschick für das
gewählte Fach bei dem Baue der Schön»
dergerstraße und der Aufnahme der
hydrographischen Karte des InnstromeS;
ein Jahr später wurde ihm die feldststän.
dige Leitung eines schwierigen Wasser,
baues unweit der Martinswand bei Ziert,
weiterhin eine Sendung nach dem Puster»
thale und dem Etschlande, die Auf-
nähme und Projectirung der Hauptstraße
von der venetianischen Grenze bis zum
Toblacherfelde in Tirol, die hydrogra-
phische Aufnahme und Nivellirung des
Rheinflusses. schließlich die Leitung des
gesammten Bauwesens im Vorarlberg!»
scken übertragen. Seine Kunstfertigkeit,
sein Talent waren bald durch die Erfolge
seiner Arbeit bekannt geworden'. aber
noch etwas anderes trat in dieser Ver<
wendung zu Tage, der sittliche Ernst
seines Charakters und sein Ruf in der
einen und anderen Beziehung stellten sich
immer fester gelegentlich, der Arbeiten,
die er dem Rhein entlang auszuführen
hatte. Sie brachten eine Reihe verwicksl»
ter Untersuchungen und internationaler
Verhandlungen mit sich. Ihm war da
die Fertigkeit und Gewandtheit, mit der
man heutzutage in großen und kleinen
brennenden Fragen Hinterthüren öffnen
und schließen oder Schwierigkeiten nur
für den Augenblick beheben sieht, völlig
fremd, und nach seinem Wahlspruche:
„Treu der Pflicht, fest im Recht" leitete
und beendigte er alle seine damaligen
Verhandlungen mit immer wachsendem
Vertrauen der beiderseitigen Grenzbe-
wohner. Es gab keinen verwickelten Fall
auch jenseits des Grenzstromes, zu dessen
Entscheidung man ihn nicht zugezogen
hatte. Redlichkeit und Talent machten
ihn der Schweiz bekannt und öffneten
ihm dort den Weg zu europäischem Rufe, den ihm die hemmende Sphäre des
amtlichen Dienstlebens wohl nie geöffnet
hätte. Im Jahre 4832 berief ihn der
Canton St. Gallen und bot ihm unter
den vortheilhaftesten Bedingungen die
Stelle eines Wasserbau- und Straßen«
InspectorS an; N., der für seine schöpfe»
rische Kraft eine freiere und ungehemm«
tere Entwickelung bedürfte, nahm den
Antrag an. Die k. k. Behörden wider«
setzten sich seinem Austritte; Kaiser
Franz I., welcher in derartigen Vor«
kommnissen keinem engherzigen Systeme
huldigte, bewilligte ihn in der ehren«
vollsten Weise. Acht Jahre verlebte
Negrel l i in der Schweiz; im Canton
St. Gallen wirkte er drei Jahre lang
und viele Puncte geben heute noch von
Negrel l i 's Thätigkeit Nachweis. Im
Jahre 4833 berief ihn die Kaufmann»
schaft der Stadt Zürich als ihren Ober»
Ingenieur. I n Kurzem gewannen Stadt
und Umgebung eine andere Gestalt. Die
Münsterbrücke und der Hafen, Straßen
und Quais waren ebenso schnell ent»
worfen, als sicher und fest ausgeführt.
Unter den angenehmsten Privatverhält,
nissen lebte er dort, während die Viel«
seitigkeit seiner Kenntnisse seiner Wirk»
samkeit immer weiteren Spielraum ver»
schaffte. Die eidgenössische Centralre-
gierung berief ihn als Mitglied fast in
all' ihre Commissionen, ob sie jetzt
das Bauwesen, Zoll» und Gewicht» oder
Verkehrsuerhaltnisse zu behandeln hat»
ten; im Jahre 1839 ward er als eid»
genössischer Commissär in die Cantone
Uri, Tessin und Wallis gesendet; mehrere
Jahre lang fungirte er als Chef der
eidgenössischen 3inth»Commisfion. Sein
bedeutendstes Verdienst aber aus jener
Zeit bleibt, daß er es war, welcher den
Gedanken anregte, die Schweiz mit
Eisenbahnen zu versehen. Bald hatte er
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Volume 20
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Nabielak-Odelga
- Volume
- 20
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1869
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon