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Neruda 19t Neruda
ließ sich in St. Petersburg hören, aber
dort starb einer der Brüder eines plötz»
lichen Todes. Nun besuchten sie die ver>
schiedenen Länder des Kontinents und
kamen im Jahre 4862 in die nordischen
Königreiche, wo sie in Stockholm allein
38 Concerte gaben; darauf begaben sie
sich nach Kopenhagen, fanden daselbst
bei Hof die freundlichste Aufnahme, der
König. PrinzFri ed rich, und Prinzessin
Anna zeichneten die Familie aus und
Wi lhe lm ine erhielt fĂĽr ihr virtuoses
Spiel von dem Könige die goldene
Medaille fĂĽr Kunst und Wissenschaft.
Gleich gĂĽnstige Erfolge feierten sie in
Christicmia. Aus dem Norden kehrten sie
wieder in ihre Vaterstadt Brunn zurĂĽck,
wo das Quartett Neruda ebenso von
Musikkennern geschätzt wurde, wie in
Wien die Quartette Hellmesberger's
und Laub's. I m Jahre 4864 löste
sich jedock das Quartett Neruda auf.
ein Sohn folgte einem Rufe an das
Orchester des k. Hoftheaters in Kopen-
Hagen. Der Anstand bei seiner Anstel«
lung, den man in seiner Eigenschaft
als „Oesterreicher" — es war zur Zeit
des Dänenkrieges — anfänglich finden
wollte, wurde durcb den Minister Präsi-
denten Monrad beseitigt. Wilhel»
.mine aber verheirathete sich mit dem
schwedischen Hofcapellmeister Ludwig
Normann, mit welchen die Trauung
zu Brunn am 27. Jänner 1864 stattge-
funden hatte und dem sie nun in ihre
neue Heimat nach Stockholm folgte. Der
König hatte schon im I . 1862 die junge
KĂĽnstlerin zur Hofvirtuosin ernannt.
Sonntagsblät ter (Wien, Pfautsch u. Co.,
s".) Jahrg. 1345- S. 493. — Morav ia
(deutsches, in Brunn erschienenes Unterhal-
tungsblatt, 40.) Jahrgang 1843, Nr. 59. —
Mährischer Correspond ent (Brünner
polit. Blatt) 1862, Nr. 110; — dasselbe Blatt,
is63. Nr. 2?o.- „Quartett-Production der Familie Neruda". — Zellner's Blatter für
Musik, Theater u s. w. (Wien. kl. Fol.) 1862.
Nr. 30, S. l2ft. — Fremden.Blat t von
Gust, Heine (Wien. 40.) l864. Nr. l64. —
Wiener Zeitung l864. Nr. 25, S. 340. —
Va l i do r (Prager eechisches Musikblatt).
Redigirr von Em. Mel is . ls62. Nr. !9,
S. l4?. — Der Name Neruda steht noch
in Verbindung mit dem UrsprĂĽnge eines
Tanzes, der, kaum entstanden, die Nunde
durch die ganze tanzmde Welt. also so ziem-
lich ĂĽber den ganzen Erdball machte. Es
diente nämlich im Jahre 1830 b^ einem Bür«
ger in dem etwa drei Stunoen von Prag
gelegenen Eldekosteletz rin öcckenmadchen, das
sich eim's Sonntags Nachmittag damit erlu«
stigte, einen Tanz auszufĂĽhren, den es selbst
erfunden und zu dem es sich auch die Melodie
selbst gesungen. Der eben anwesende Schul«
lehrer Joseph Neruda — er lebt wohl noch
und war im Jahre l8l)6 Schullehrer zu Vo«
dolka — brachte die von dem Mädchen ihm
vorgesungene Weise zu Papier, der Tanz fand
allgemeinen Anklang und sehr bald Verbrei»
wng. Auch die Erfinderin desselben, jetzt Mut-
ter von uier Kindern, lebt als Matrone von
67 Jahren zu Konetopy und heiĂźt Anna
Slezak, irrig hie und da Nezak genannt.
Nach Einigen wäre die Tanzweise von ihr
selbst Polka genannt worden; nach Ande-
ren hätte sie diesen Namen erst erhalten,
als der Tanz vier Jahre später nach Prag
gelangte, wo derselbe bald Eingang fand,
insbesondere, nachdem der Capellmeister des
Prager ScharfschĂĽtzencorps, Pergler, die
Melodie fĂĽr das Orchester instrumentirt hatte.
Der Name selbst wird von dem b-.i diesem
Tanze vorwaltenden Halbschritt — cs heißt
nämlich?uika im Böhmischen Halste — abge»
leitet. Im Jahre l839 kam die Polka nach
Wien, im folgenden Jahre nach Paris. wo
aber anfänglich eine falsche, von dem Tanz^
meister Cel lar ius erfundene Tanzweise der
eigentlichen Polka unterschoben wurde. Erst
als Raab, der ständische Tanzmeister von
Prag, nach Paris kam. producirte er die erste
böhmische Polka auf dem Theater äs l'Oxsra,
und nun machte sie ihre Wanderung ĂĽber
den Erdball Jedenfalls hat der Schulmeister
Joseph Neruda seinen Ehrenantheil an
diesem im vollen Sinne des Wortes Alles
bewegenden Ereigniß; denn hätte er nicht
die Melodie der Magd zu Papiere gebracht,
wer weiĂź, ob diese noch weiter daran
gedacht hatte; was freilich auch kein Verlust
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Volume 20
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Nabielak-Odelga
- Volume
- 20
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1869
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon