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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Nabielak-Odelga, Volume 20
Page - 222 -
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Page - 222 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Nabielak-Odelga, Volume 20

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Aeftroy 222 Nestroy mit allem Wunderbaren, das selbst in der Form der Parodie für ihn ein unbequemer Zwang gewesen war." Nun erklärt Meynert die Ursache, welche Nestroy auf die neue Bahn getrieben, theils aus dem Verfalle des Lustspiels, das in Deutschland nie zu sehr ge» blüht, theils aus der Umgestaltung des höhe» ren Drama's in Ritter» und Tcndenzstücke. „Auch Nestroy". fährt nun Meynert fort. ließ sich uon dieser neuen Strömung fort- ziehen, ja er half fie zunächst erzeugen, viel« leicht weil seinem scharfen Blicke die immer merklichere Abnahme eines schärfer markieren Volkslebens in Nien nicht entging. . . . Die angedeutete neue Bahn betrat er in den Stücken „der Unbedeutende", „der Schützling" u. f. w. DaS muthwillige Spiel, welches er bis dahin mit Gebrechen und Thorheiten ge» trieben, hatte jetzt freiwillig in seiner Schärfe nachgelassen und einer Art sittenschildernder Familientendenz Platz gemacht. Der vorher stets verneinende Zweifler und Spötter nahm die Miene an. sich noch in letzter Stunde zu dem Glauben an die Menschen bekehrt zu haben. Sein Witz wirkte auch in dieser Meta« morphose ebenso glänzend, wie früher, war aber sichtbar bemüht, zugleich tiefere Eindrücke hervorzubringen. Das Publikum begrüßte seinen bußfertigen Liebling mit gewohntem Veifalle; dennoch ließ sich der Verdacht nicht unterdrücken, daß Ncstroy wohl nur darum in die Mündi^keitserklärung des Volksstückes gewilligt hatte, weil er sich selbst altern fühlte." Was nun Nestroy den Darsteller, den Komiker betrifft, so schreibt Meynert. nachdem er vorher Wenzel Scholz mit weni« gen. aber treffenden Zügen gezeichnet, „ein entschieden anderes, zum Theile der Komik Scholzens entgegengesetztes Gepräge hatte die Komik Nestroy's. Die Natur hatte ihm bei weitem nicht so unmittelbar den Geleit» schein zu dem komischen Berufe mitgegeben, als seinem Collegen Scholz. Car l , dem Nestroy zwar unentbehrlich, aber keine eigentlich beliebte Person war, hatte nicht ganz Unrecht, wenn er diesen einen „Ver» stands-Komiker" nannte. Ja, Nestroy be» durfte bisweilen sogar fremder Fingerzeige, um einer Figur die richtige komische Seite abzugewinnen, merkwürdiger Weise auch bei Rollen, die er selbst geschrieben. Den Bert» ram in seinem „Robert der Teixel" spielte er anfangs ohne Wirkung, und erst, als ihm dann Car l in Umrissen das Bild vorzeich« nete. nach welchem jener Sohn der parodirten Hölle zu formen sei, fand Nestroy sich in der von ihm selbst geschaffenen Gestalt zurecht und hatte von da an mit Stück uno Rolle außerordentlichen Erfolg. Erst durch Beobach- tung und Erfahrung gelangte Nestroy da- hin, aus seiner widerstrebenden Persönlichkeit komisches Capital zu schlagen, und gerade die Hindernisse, die sich in ihm selbst entgegen- stellten, zuletzt in eben so viele neue wirksame Hilfsmittel zu verwandeln. Durch seine lange Gestalt, die er nach Umständen bald noch^ verlängerte, bald einknickte, durch seine schlot- ternden Bewegungen und mittelst frappanter Wechsel zwischen Schwerfälligkeit und Agilität überraschte und elektrisirte er sein Publicum. Großen Vortheil zog er aus seiner eminenten Zungenfertigkeit und in Rollen seiner eigenen Stücke überschüttete er den Hörer gleichzeitig mit einem Schwall von Worten und mit einem Feuerregen glänzender Einfälle. Ader beinahe beredter noch als seine Dialektik war sein stummes Spiel, mit welchem er alle Vor» aussetzungen des Censors durchkreuzte. Durch ein Aufzucken der Stirne und der Augen- brauen, verbunden mit einem Niederzucken der Oberlippe und des Kinns — ein Mienen» spiel, das sich nicht schildern läßt — gab er seiner Rolle einen Zusah von allerhand Ge- dankenstricken, aus welchen sich noch ganz anderes heraushören ließ. als was wirklich gesprochen wurde, und oci, wo dir Darsteller der einstigen italienischen Kunstkomödie mit Worten improoisirt hatten. improvisirte er noch weit drastischer durch — Schweigen. Selbst die kühleren Naturen des britischen Eilandes, denen die hier empfangenen Ein- drücke theilweise fremdartig und abenteuerlich vorkommen mochten, konnten ihren Beifall nicht zurückhalten. Ein Engländer, der zu jener Zeit in der „ l iwss" einen Brief über die Wiener Theater erscheinen ließ, sagte bei dieser Gelegenheit: über Scholz müsse man lachen, auch wenn er nicht spreche; über Nestroy müsse man lachen, auch wenn er nicht spiele, sondern bloß auf dem Theater stehe. Immer müsse man über Beide lachen, und was den Vortrag komischer^ Couplets anlange, so gebe es selbst in Frankreich keinen Komiker, der sich mit einem dieser beiden messen könne. Die Parodie der Oper „Robert der Teufel" und Nestcoy's und Scholz' Darstellungen in derselben halte er für das Nou. plus ultra aller Parodien." — Vettin- ger in seiner brillanten Weise schreibt über Nestroy: „Auch Wien hat seinen Bois-
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Nabielak-Odelga, Volume 20
Title
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Subtitle
Nabielak-Odelga
Volume
20
Author
Constant von Wurzbach
Publisher
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Location
Wien
Date
1869
Language
German
License
PD
Size
13.41 x 21.45 cm
Pages
514
Keywords
Biographien, Lebensskizzen
Categories
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