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Neubauer 239 Neubauer
lutionskrieges die Auflösung der fürst-
lichen Capelle zur Folge hatte, war N.
wieder auf sich selbst gestellt. Auf seiner
Flucht vor dem Feinde kam er nach
preuß. Minden, wo er einige Zeit ver-
weilte und ihn die Fürstin von Schaum«
bürg kennen lernie. Diese gestattete
ihm, seinen Aufenthalt in Bückeburg
aufzuschlagen und seine Compofitionen
mit der dortigen Capelle aufzuführen.
Concertmeister derselben war Bach. der
bald gewahr wurde, wie sehr ihm der
junge Musicus in Behandlung des In«
strumentalsatzeS überlegen war. Bach,
der sich seiner Kenntnisse und Bedeuten»
heit in der höheren Tonkunst sehr wohl
bewußt war, wurde Neubauer'S Ueber»
legenheit, der ihm doch noch in vielen
Dingen nachstand, unangenehm und lei»
der fühlte er sich auch bald zurückgesetzt.
Indessen wuchs Neubauer'S Beliebt,
heit mit jedem Tage und seine von der
Bückeburger Capelle, weiche er mit
genialem Feuer dirigirte, zur Production
gebrachten Symphonien verfehlten ihre
Wirkung auf die Zuhörer nicht. Die Eifer-
sucht zwischen den beiden Künstlern wurde
dadurch nicht geringer, und da Bach im
Contrapuncte Meister war, unterließ er es
auch nicht, offen und heimlich die contra»
punctischen Schnitzer Neubauer's zu
rügen; in Folge dessen kam es zu leiden-
schaftlichen Zornausbrücden zwischen dem
jungen und dem alten Musicus und im
Eifer für seine Kunst ging N. so weit,
daß er den alten Mann zu einem mufi«
kalischen Zweikampfe in Bearbeitung
eines contrapunctischen Thema's heraus»
forderte, worin er es auf Tod und Leben
mit dem alten Tonkünstler aufnehmen
wollte. Bach, vielleickt aus Kränkung
und Nnmuth über das Gebaren des Ein«
dringlings, gerieth bald darauf in eine
hitzige Krankheit, welcher er auch erlag und natürlich wurde Neubauer Nach«
folger in seiner Stelle. Die Fürstin von
Bückeburg ernannte ihn nun zu ihrem
Eoncertmeister und jetzt nahm N. eine
junge Bückeburgerin zur Frau. Aber
nicht lange war es ihm gegönnt, auf
seinem Posten zu wirken. Er folgte bald
seinem Nebenbuhler in's Grab. Wie
Schl ichtegrol l , dem man die ersten
näheren Nachrichten über diesen wunder«
lichen Kautz verdankt, schreibt, war er
dem Trunke ergeben. Ebedem hatte er
in der Näh^ des Rbeins durch geistvolle
Weine seine Phantasie erwärmt. An sei«
nem neuen Bestimmungsorte nöthigte
ihn der Mangel an genügenden Mitteln,
sein Bedürfniß nach geistigen Getränken
mit Branntwein zu befriedigen. Er ge»
noß ihn in unmäßiger Weise und rieb
sich dadurch auf, so daß er in jungen
Jahren erlag. Gerber gibt ein aus»
führliches Verzeichniß seiner im Stiche
erschienenen Composttionen, welche zum
größten Theile aus Symphonien, dar«
unter mehrere für großes Orchester, aus
Variationen für Clavier und Violine,
aus mehreren VtoliN'Qllartetten, Trio's
für Flöte, Violine und Baß, Duetten für
zwei Violinen, oder Violine und Violon»
celle, auch für zwei Flöten, dann aus eini«
gen Concerten, Sonaten, Variationen und
Gesangs'Compositionen u. s. w. bestehen.
Di'e Oxus-Zahl geht bis Nr. 21 unvenückt
fort, von da an erscheinen einzelne ver«
schiedene Werke mit derselben oder auch
ganz ohne Opus-Zahl. Die Zeit seines
Schaffens nach den Jahreszahlen, die auf
den im Stiche erschienenen Werken ange«
geben sind, umfaßt das Decennium 4783
bis 1793. Von feinen Compositionen sind
besonders bemerkenswerth:
cis
4 l , deren Wirkung, wie
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Volume 20
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Nabielak-Odelga
- Volume
- 20
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1869
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon