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Dbradavic 470 Wbradovic
sophen, der in Belgrad Schulen errichtet
habe. Dieser griechische Philosoph war
der Üakovaer Kürschnershn Dositheus
Obradovi6. C's war auch so und sein
Beispiel fand bald Nachahmer. Da, am
Vorabende seines bewegten Lebens er-
nannte ihn die damals in Serbien
bestehende Regierung zum Senator und
Ober»Schulenaufseher. Auch führte er
noch in den letzten Jahren die Ober-
aufsicht über die Erziehung der Kinder
des damaligen Anführers der Serben,
Georg Petroviä. genannt Kara»
Dl iord je ^K a r a g e o r g e w i t sch,
siehe Bd. X, S. 463^. und blieb beides
bis zu seinem im Alter von 72 Jahren
erfolgten Tode. I n der Belgrader Kirche
wurde ihm ein Denkmal mit einer Inschrift,
die er sich selbst verfaßt und die nur ganz
kurz an seine Liebe der serbischen Nation
erinnerte, gesetzt, welche aber später bei
der Wiedereroberung der Stadt durch
die Türken von ruchlosen Händen —
wie 3äfa l ik sonderbarer Weise meinr,
irgend eines — Nickttürken — entweiht
wurde. Obradovi« ist für seine Nation
ein Mann von großer Bedeutung und
zu welcher Cultur das Serbenthum in
Jahrhunderten sich erheben mag, der
Beginn derselben datirt von Obrado»
vi6. 8ä.fai-ik, ein anerkannter Kenner
der slavischen Literatur und ihrer Ver>
treter, schreibt von O.: „Alle seine
Schriften tragen das Gepräge seines
Geistes: überall originell, sittlich rein,
mild, voll Liebe und Wärme, klar faß-
lich, auf das Praktische, die Veredlung
der Mcnschennatur, hinarbeitend, ein
erklärter Feind aller noch so versteckter
Heuchelei. Selbstsucht. Arglist. Dumm«
heit und Nohheit. dieß sind die Grund«
züge seines großartigen Charakters. Auch
in seinem Style spiegelt sich seine- schöne
Seele klar und.lebendig ab. Er schrieb. der erste unter den Serben neuerer Zeit
und — was mehr ist — der erste mit
einem bleibenden, von den nachhaltigsten
Wirkungen begleiteten Erfolg. in der
gewöhnlichen reinen serbischen Volks«
mundart, ohne gerade gute slavische aus
der Kirchensprache in das Leben langst
übergegangene und von dem Volks»
dialecte organisch angeeignete, oder auch
aus anderen neueren europäischen Spra-
chen in die serbische eingebürgerte Wör-
ter, Wortformen und Phrasen, wo sie
sich ungesucht darboten, zu verschmähen.
Umsonst bemühen sich einige neuere, kriti»
schen Geschmack affectirende Mückensucher,
seinen Styl als nicht rein genug und als
formlos herabzusetzen; noch hat Niemand
unter den Serben seinen Styl an Leben-
digkeit, Gediegenheit, Originalität und
Wärme bis jetzt erreicht, geschweige denn
übertroffen." Geradezu widersinnig aber
ist. was Nicolo Tomaseo, dieser Kri«
tiker von Ruf, in der „Venediger Zei«
tung", 1843. Nr.69. über Obradoviö
schreibt: „Dosithej, heißt es dort. ist
ein sonderbarer Mensch, der sich aller
Vorurtheile, die ihn zum Widersacher
oer lateinischen Kirche machten, nicht zu
entledigen wußte und mit diesen Vor«
urtheilen die französischen Maximen des
vorigen Jahrhunderts vermengte!" Ein
solches Urtheil, das Dosithej alä den
Anhänger der Schule Voltaire's.
Diderot 's . Rousseau's erscheinen
läßt, beweist nun, daß Tomaseo nie
Dosithej 'S Werke gelesen. Die biblio>
g rap h isch en Titel seiner im Texte der
Biographie angegebenen Werke finden
sich in Paul Ios. ääfar ik 's von Ios.
I i reöek berausgegebenen ,Geschichte
der südslavischen Literatur" , in der
I I I . Abtheilung: „DaS serbische Schrift,
thum" (Prag 1863, TempSky), unter
der Nummern 398. 46!. 462, 616,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Volume 20
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Nabielak-Odelga
- Volume
- 20
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1869
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon