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Pfeiffer 181 .Pfeiffer
mich nicht. Ich hatte ja deren schon
genug und zwar gezwungen ertragen
wie viel leichter mußten die freiwillig
auferlegten mit einem Ziele vor Augen
zu ertragen sein!" Ihre Reisen selbst
sind durch ihre Werke, die weiter unten
angeführt werden, allgemein bekannt ge>
worden. Je mehr sie sah, desto mehr
wollte sie sehen, und diese Reiselust würd
bei ihr zu einem unstillbaren Durst. Reisen
in die Levante und nach Island waren
nichts als kleine Vorübungen. Sie war
spater bloß noch durch Wettfahrten zu
befriedigen. I n die verschlossensten Ge
biete einzudringen, in die kein Mann den
Fuß zu setzen wagt, hatte für sie besonde«
ren Reiz. Nnter den menschenfressenden
Battas auf Sumatra bewegte sie sich
mit der Gemüthsruhe eines alten griechi»
schen Weltweisen. „Ich bin >zu alt und
zu mager, sie fressen mich nicht", antwor»
tete sie denen, welche sie warnen wollten.
Wenn sie von persischen Räubern be«
droht wurde, wenn
chinesischer
Pöbel sie
steinigen wollte, wenn sie am Hange
der Cordilleren in einen von Alligatoren
wimmelnden Fluß fiel, so nahm sie solche
Abenteuer mit größerem Gleichmuthe
hin. als Andere ihres Geschlechts be-
wahrten, wenn ihnen auf einem Balle
der Besatz vonMleide getreten wird. Der
Wissenschaft brachte ihr Muth einen
Nutzen, den die beiden Heroen der Erd»
künde, Ri t ter und Humboldt , wohl
zu würdigen wußten. Die Frau hatte einen
Blick für Manches, waS ein Mann über»
sehen haben würde. Auch ihre Samm«
lungen hatten ihren Werth, wenn sie
auch in ihrer Unkenntniß unnütze Dinge
centnerweise mit
sich um die Erde schlepvte.
Auf ihrer letzten Reise — sie richtete sich
nach Madagascar — hätte sie fast ein
tragisches Ende genommen. Die sechzig,
jährige Frau war übereilt genug gewe« fm, sich auf der Insel an einen Mann
anzuschließen und mit ihm zu reisen, vor
dem man sie gewarnt hatte. Obgleich sie
sich selbst auf's Genaueste überzeugte,
daß er in eine Verschwörung gegen die
grausame Königin verwickelt sei, brach
sie die Verbindung mit ihm doch nicht
ab. Als die Verschwörung entdeckt wor-
den war, sollte Ida Pfeif fer hinge«
richtet werden. Die Königin besann sich
indessen eines Besseren und begnügte sich
mit Verbannung. Sie hoffte wohl. daß
die Europäerin auf der Insel am Fieber
sterben werde, wenigstens hatte sie solche
Maßregeln getroffen, daß Ida Pfeiffer
auf den schlechtesten Wegen und durcb die
ungesundesten Gegenden der Küste zuge>
führt wurde. Im September 1837 bestieg
sie ein nach Mauritius segelndes Scbiff,
voll der Hoffnung, daß ihr Fieber sie
verlassen werde. Es trat auch scheinbar
eine Besserung ein und die Kranke wurde
dadurch so zuversichtlich, daß sie bereits
Anstalten zu einer Reise nach Australien
traf. Immer wiederkehrende Anfälle
zeigten ihr aber, welch ein hartnäckiger
und fürchterlicher Feind daS MadagaS-
car«Fieber ist. Mit schwindenden Kräften
mußte sie sich zur Rückkehr nach Europa
entschließen. Als sie in der Heimat an-
kam, hatte sich ein unheilbares Leiden
entwickelt, dem sie nach vielen Schmerzen
in Wien im Alter von 61 Jahren erlag.
Aeußerlich war diese merkwürdige.Frau
ganz unscheinbar. Nicht ein Zoll ihres
Körpers trug den Typus der Emancipir.
en, der Amazone, des Mannweibes. Sie
war in jedem Zuge das Bild der nüch-
ernen, treuen Hausfrau, die nur im
'teinsten Hause schaffen mag und sich nur
>a wohl befindet. Erst einzelne Aeuße«
ungen der schlichten Frau ließen erken»
nen, welche Willensstarke, welche 3ust
,u großen Unternehmungen,
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Pergen-Podhradszky, Volume 22
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Pergen-Podhradszky
- Volume
- 22
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1870
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 534
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon