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Pollet 84 Met
Sohn eines k. k. KreissecretärS, trat P.,
nachdem er die philosophischen Studien
beendet hatte, im Jahre 1832 in die ?. k.
Artillerie ein. wurde 1834 zum Bombar-
diercorps übersetzt, in welchem er 1839
zum Feuerwerker, 1844 aber außer der
Tour zum Oberftuerwerker befördert
wurde. Durch seine heroische That vom
13. März 1848 ist P.'s Name in weitere
Kreise gedrungen und geradezu unver-
geßlich geworden. Dieselbe trug sich fol-
gendermaßen zu. Die Ereignisse der 48ger
Märztage, ihre Ursachen und Folgen
sind bekannt. Schon in der Nacht vom
12. auf den 13. März wurde der innere
Burghof auf Befehl der Regierung mili.
tätlich besetzt. Unter der Mannschaft,
welche die 4. Compagnie deS Bombar-
diercorps zu verstärken hatte, befand sich
auch Oberfeuerwerker Pol le t. Um 7 Uhr
Abends erschien Orzherzog Mar imi l i a n
d'Tste, sowohl um die bivouakirenden
Truppen zu inspiciren, als auch um an
die Ofsiciere und die Mannschaft, deren
Stimmung eine sehr gedrückte war, eine
ermunternde Ansprache zu halten. I n
diesem Augenblicke traf die Meldung ein,
daß das Grenadierbataillon, welches die
Umgebung des RiesenthoreS der Hof«
bürg besetzt hielt, in Gefahr geriethe, von
der tumultuanten Volksmenge durchbro«
chen und zurückgedrängt zu weiden.
Diese Meldung gewann noch an Wahr»
scheinlichkeit, als ein Proletarierhaufe,
welcher dieHofapotheke geplündert, unter
einem Gebrülle und Gejohle, das bis an
die Ohren deS Erzherzoges tonte, heran»
zog. Allsogleich commandirte der Erz.
herzog zwei, Geschütze, von den auf der
Hauptwache aufgefahrenen, unter dem
Commando des OberfeuerwerkerS Pol-
let zum Niesenthore hinaus, wo sie,
von den Grenadieren maskict, Posto
faßten. Da der Tumult durch eine vom Kohlmarkte heranziehende Abtheilung
Bürgergrenadiere, die in das ChaoS, das
amMichaelerplatze hin und herwogte, Ord<
nung bringen wollte, noch vermehrt wurde,
so eilte der Erzherzog sogleich herbei, zog
die Mannschaft, welche die Geschütze mas>
kirte, zurück und gab P.den Befehl allso>
gleich zu feuern. P., der mit scharfem
Auge die Bewegung beobachtet lind sich
genau überzeugt hatte, daß dieselbe nur
durch die heranziehendenBürgergrenadiere
entstanden war, aber auf keinem Falle
gegen die Hofburg.gerichtet sei, zauderte
und fragte den Erzherzog, da er sofort
einsah, welche entsetzlichen Folgen daS
Heuern für die Dynastie haben kunne, wie
er die Kanonen richten solle, ob er einen
„Gellerschuß" oder einen „Hochschuß"
abfeuern solle. Als der Erzherzog seinen
Befehl nun genauer uräcifirte, erklärte
P., daß er nicht feuern werde, da ihm die
strenge Weisung gegebm sei, blos auf
Befehl des Stadtcommandirenden oder
auf allerhöchsten Auftrag seine Geschütze
zu lösen. Als der Erzherzog erzürnt, über
den Ungehorsam Pol let 'ö, der Bedie»
nungömannschaft befahl, däs Feuer zu
eröffnen, stellte sich Pol le t vor die
Mündungder e inenKanon e. Der
Erzherzog entrüstet über dieses Beneh»
men, zog sich in die Hofburg zurück.
Wie P. merkte, daß die Bebienungö»
Mannschaft schwankte und nicht wußte,
welchem der 'beiden Befehle sie Folge
leisten solle, soll P. wie Heinrich Re<
sch auer in seiner „Geschichte des Jahres
1848" schreibt, gerufen haben „die Kanone
steht unter meinem Befehle und ehe
nicht von meinem Commandanten ein
weiterer Befehl hiezu kommt und die
positive Nothwendigkeit eö gebietet, schießt
Niemand auf befreundete, wehrlose Bür»
ger". Durch diese edle, im wahrhaften
Sinne des Wortes hochherzige That,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Podlaha-Prokesch, Volume 23
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Podlaha-Prokesch
- Volume
- 23
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1872
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon