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168 Potocki
gegangen war, unter den Bewerbern um die
Krone Polens, und zwar schienen die Chan>
cen für ihn im Lande ziemlich günstig zu
stehen, da der kaiserliche Botschafter in Polen,
Feldmarschall Graf Wilczek, angewiesen
wurde, die unbedingte Ausschließung Lesz»
czyHsti's und möglichste Hinderung der
Wahl des neuen Kurfürsten von Sachsen zu
«wirken; die Wahl des Infanten Emanuel
von Portugal möglichst zu befördern und die
allfällige Wahl deS Palatin von Kiew, Sta>
niilaus Potocki, zum Könige als nicht
wünschenswerth darzustellen, da dessen Fami>
lie in früherer Zeit Frankreich anhänglich
war, s.Ain°th (Alft, Ritt. v.), Prinz Eugen
von Savoyen (Wien, gi. 8°.) Bd. I I I ,
S. 363.) — 36. StanislllUs P. war Sta<
Illst von Velz und ein Sohn des Franz
Sales Polocki , Wojwoden von Kiew,
Gr ließ sich heimlich mit der nachmals so un<
glücklichen Gertrud Aomorowslln s.S.138, Nr.18)
trauen, deren trauriges Geschick so vielfach
Stoff poetischer Behandlung gewesen. Nach
Anderen heißt obiger Stanis laus mit
dem Taufnamen Felix, was Andere wieder
zu der Annahme verleitete, daß Stanis»
laus Felix M . 3?) der Held der ober»
wähnten Trauergeschichte sei. Bei der Ver>
worrenheit der vorhandenen Familiendaten,
bei der Willlürlichkeit im Gebrauche der
Taufnamen, da Stnnis laus Felix, bald
Stanis laus allein, bald wieder Felix
allein, bald Felix Stanis laus, mit der
Betonung des eisten Namens u, s. w. genannt
wird, läßt sich darüber nichts Bestimmtes
agen. — 37. Stanislllns Felix Potocki
(Artillerie. General. geb. im Jahre 1732,
gest. zu Tulczyn, nach Einigen schon <80A,
n^ach Anderen 14. März 1810), Ein Sohn
l^bes Andreas Potocki aus dessen Ehe mit
Anna, Tochter des Wujwoden uon Smo,
lenst, Stanislauö Potocki hiach dem
genealogischen Taschenbuch« der gräflichen
Häuser 1862); «ach Anderen des Franz
Sales P., Nojwooen von Kiew IM^üMo-
Vsaya i>c>VL2L°ü2», Bd. XXI, S. 433), Im
Mernhause. später im Auslande erzogen, trat
er in jungen Jahren bei der Cavallerie der
vaterländischen Armee ein, welche er aber
im Jahre i 780 wieder verließ. Im Jahre
1782 wurde er Wojwode, zwei Jahre später
General.Lieutenant. 1788 legte er, um De»
putirter der Woiwodschaft Vraclaw zu wer»
den. seine Woiwodschaft nieder; dann wurde
er Kronmarschall. Zu gleicher Zeit kaufte er von Brüh l die Feldzeugmeisterstelle der pol'
nischen Artillerie um 20.0U0 Stück Ducaten.
Auf dem denkwürdigen vierjährigen Landtage
spielte Graf St. anfänglich eine uolksthüm'
liche Figur und brachte ansehnliche Opfer
dem bedrängten Vatcrlande dar. Mit einem
Male aber war er wie umgewandelt, wider«
setzte sich mit aller Entschiedenheit den Be<
schlüssm des Landtages, welcher im Mai 1791
eine monarchische V«fassung einführen wollte,
wodurch allein noch der im Staate herrschen»
den Anarchie und seinem Untergänge uorge«
beugt werden konnte. I n diesen Tendenzen
stimmte der Graf vollkommen mit jenen
Rußlands üden>in. Um nun von Nußland
Unterstützung für seine Pläne zu erlangen,
begab er sich nach St. Petersburg, trat im
Mai 1792 im Vereine mit RzewuSki und
Bran ic l i zusammen und proclamirte mit
ihnen den berüchtigten Targowiher Protest,
welcher gegen die ülger Verfassung enlschie.
den protestirle und deren Zurücknahme uer<
langte. Die russische Armee, die in Polen
einrückte, unterstützte dieses Vorhaben; der
König StaniSlaus Nug ust trat nun selbst
der Targowitzer Conföderation bei und unter
Rußland« Auspicien und Putockl 'S Ein<
fiusse trat nun der Landtag uon Grodno,
der letzte polnische Landtag, zusammen. Die»
ser hob die monarchische Verfassung von 1791
auf und besiegeüe die Theilung Polens. Man
wirft dem Grafm uor, daß er den König
Sianiölciu« August beseitigen und selbst
die Krone Polcuü tragen wollte. Indessen
stand Graf P, in russischen Diensten. In sei»
neni Vaterlcmdc ließ freilich die patriotische
Partei nicht so willkürlich über Land und
Volk verfügen, Männer wie Kosciuszko,
Ko l l ^ ta j , des Grafen S lan iü lauü Fe>
lix Vetter, Graf Ignciz sM. 2«) erhoben
sich und riefen das ganze Land gegen die
Nüssen zu den Massen, dem Grafen Sta<
nislnus wurde der Proceß gemacht, ftinc
Güter confiScirt, aber was half das Alle«?
Polen war verloren und Nußland uollkom>
men in der Lage und Willens, den Grafen
gegen diese Maßnahmen zu schützen. Die
Kaiserin Katharina I I . emnnnte den Gra>
fen zum General on cd«t dcr russischen
Armee, nachdem sie ihm früher schon den
Alexander Newskl'Orden verliehen hatte. Im
Jahre 1797 zog sich der Graf auf seine
Güter nach Tulczyn zurück und lebte daselbst,
zurückgezogen von allen öffentlichen Gcschäf'
ten, ausschließlich der Bewirthschaftung feiner
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Podlaha-Prokesch, Volume 23
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Podlaha-Prokesch
- Volume
- 23
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1872
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 426
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon