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Oesterreich viel zu wenig für die Bildung
des Volkes thuen, dasselbe zur Spar
samkeit fast gar nicht aneifern, ja es
nicht einmal über das Wesen der Spar
caffen, dieser so wichtigen und besonders
für den Bauer und kleinen Gewerbs
mann so nützlichen Institute, aufklären.
I m Verlaufe seiner Rede wendete er sich
auch gegen einen Volksbrauch, den, ob>
gleich längst als unzeitgemäß uerurtheilt,
selbst unsere aufgeklärte Zeit abzu»
schassen noch nicht im Stande war —
gegen die Wal l fahr ten . Darüber be>
merkte P., daß der Landmann solche
Wallfahrten gerade oft zu einer Zeit
unternehme, wo seine Anwesenheit zu
Hause wegen ökonomischer Arbeiten höchst
wichtig wäre, die Entfernung dieser Orte
sei in der Regel eine ziemlich bedeutende,
so daß ein Zeitverlust von drei oder vier
Tagen entstehe, der znrZeit der Ernte oder
Weinlese von großem Nachtheil für den
Landmann sein könne (darüber, daß auf den
Wallfahrten die Frömmigkeit gerade nicht
gefördert werde, dürften Alle, welche heim»
kehrende Wallfahrer zu beobachten Ge>
legenheit hatten, einig sein). Hatten ihm
schon seine ersten Aeußerungen über den
Clerus und gegen die Wallfahrten einen
Ordnungsruf von Seite deö prästdiren»
den Landeshauptmanns, Johann Gra»
fen Lar isch'Mönnich, zugezogen, so
entzog ihm dieser, als P. gar auf das
Concordat zu sprechen kam, vollends das
Wort. Die Folge dieser Nede war ein
Erlaß deS fürstbischöflichen Ordinariats,
welcher P. befahl, sein Mandat als
Landtagsdeputirter niederzulegen, wiori>
genfallö er von seinen canonischenFunctio»
nen suSpendirt werde. Mit welchem Rechte
P. dieses befohlen wurde, ist im Principe
heute noch nicht entschieden, da doch die
Abgeordneten nur von dem Hause selbst,
dem sie angehören, über in demselben gemachte Aeußerungen zur Rechenschaft
gezogen weiden können; P. jedoch leistete
der Aufforderung Folge und legte sein
Mandat nieder. Nichtsdestoweniger wurde
ei nachträglich seines Lehramtes entho>
ben und von seinen priesterlichen Functio»
nen suSpendirt. Nun bemächtigten sich
die clericalen Blätter dieser Angelegen»
heit und griffen P. in denselben auf jede
mögliche Weise an. Eine ossicielle Be»
richtigung, welche der schlesischen Zei»
tung aus der Breslauer fürstbischöflichen
Kanzlei z-ugesendetwurde, stellte Prutek,
der, obgleich er wie irgend einer aus dem
Clerus an den Dogmen der katholischen
Kirche festhält, und seines moralischen
und strengen Lebenswandels wegen man»
chem Geistlichen als Vorbild dienen
könnte, mit Ronge, Dowiat , U, h lich,
Czerski u. A. zusammen, wodurch er
natürlich als ein Verworfener erscheinen
soll, bemerkt ferner, „daß er mit der
gleichen Selbstüberschätzung und mit
derselben GeisteSarmuth wie jene, daS
Ziel einer Kirchen», respective Weltrefo»
mation anstrebt, und bei dem voraus»
sichtlichen Mangel an Erfolg um jeden
Preis deu Ruhm eines Märtyrers für
die gute Sache gewinnen möchte." Die
einzige Genugthuung, die P. während
seiner Suspension erhielt, bestand darin,
daß eS der in demselben.Jahre neuge»
wählte Gemeinderath von Teschen als
eine heilige Pflicht der Dankbarkeit gegen
P. ansah, denselben, da er wegen seines
LandtagSmandateS nicht mehr in den
Gemeinderath von Teschen gewählt wor»
den war, zum Ehrenbürger dieser
Stadt zu ernennen, und es wurde auch
ihm zu Ehren an seinem Namensfeste
von den Einwohnern von Teschen ein
Fackelzug veranstaltet. Anläßlich dieser
Auszeichnung übergab P. noch den Nest
seines Vermögens von 6VUU fl. der Ge>
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Prokop-Raschdorf, Volume 24
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Prokop-Raschdorf
- Volume
- 24
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1872
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 450
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon