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Pyrker
Heimat zurück. Die Rückreise machte P
von Genua aus zu Schiffe. In der zweite
Nacht der Seefahrt trieb ein Sturm da
Fahrzeug weit von der Küste. Ein Ca
per entdeckte es und machte Jagd darauf
aber eben der Sturm trieb eS so rasch
vorwärts, daß es glücklich entkam. Diese
Zwischenfall wurde die Veranlassung zi
der ganz unbegründeten aber weit uer<
breiteten Sage: Pyrker habe länger
Zeit in algierischer Sklaverei geschmachtet
Begründeter jedoch mag die Ansicht sein
P. habe auf dieser Seefahrt den erster
Eindruck zu seinem später ausgeführter
Epos „die Tunisias" empfangen. Die
weitere Rückreise setzte P. über Ober
italim, einen Theil der Schweiz und
Baieins nach Wien fort. In Wien be
suchte P. das Haus des damaligen
Kammeizollamts'Beamtön Raph ael,
der vor seinem Eintritte in den Civildienst
Cisterziensei'Mönch gewesen. Raph ael
war es nun, der wesentlich auf Pyrke r's
Standeswcihl Einfluß nahm und ihm
insbesondere rieth, in denselben Orden
zu treten, den er nach Aufhebung seines
Stiftes verlassen mußte. P. wählte nun
das Stift Lilienfeld, welches zwar auch
am 23. Mai 1789 aufgehoben, aber schon
am 19. April 1790 über Fürbitte des
damaligen Kronprinzen, nachmaligen
Kaisers Franz I., von Kaiser Leo»
pold I I . wieder hergestellt worden war.
Der neue Abt Ignaz Schwingen-
schlögl hatte die Verwaltung des neu
erstandenen Stiftes übernommen; diesem
stellte P. sich vor, bat um Aufnahme in
den Orden und am 18. October 1792
fand feine Einkleidung statt. Als Cister-
cienser-Novize hörte er am bischöflichen
Seminarezu St. Pötten die theologischen
Studien und empfing zu Ende des Jahres
1796 die heiligen Weihen. Abt Ignaz
hatte ein in seinen Finanzen zerrüttetes, Pyrker
mit einem Passivstande von 180.000 fl.
belastetes Stift übernommen; es galt
also energisch in der Verwaltung vor«
gehen, zu welchem Zwecke er sich nach
Kräften umsah, die ihn in dieser schwieri»
gen Aufgabe wirksam unterstützten. Bald
erkannte der Prälat die Verwendbarkeit
Pyrker's. Im Jahre 1798 bereits über»
gab er ihm die Leitung der Stiftsökono»
mie, später jene der Stiftskanzlei und des
so wichtigen Waldamtes, da eben in den
mächtigen Forsten der größte Bodenschatz
des Stiftes besteht. Der neu aufblühende
Wohlstand des Stiftes wurde aber durch
die bald darauf gefolgten Wirren des
Krieges, insbesondere in den Jahren 1793,
1786 und 1797. wieder auf das Tiefste
erschüttert. Der im Jahre 1808 neu ge>
wählte AbtIoseph Markt hatte noch
schwerere Schläge, u. z. die Invasion der
Franzosen im Jahre 1808, welche am
10. November g. I . das Stift besetzten,
zu bestehen. Abt Joseph war bei heran»
nahender Gefahr mit den besten Stifts»
effecten nach Marimbmg in Ungarn ge»
fiohen. Pyrter waltete in jener trüben
Zeit als Stiftskämmerer. Im Jahre
1807 erhielt P. die Stiftspfarre in Tu»
nih, einer eine Poststation von Lilienftld
gelegenen Ortschaft. Dort waltete er im
bedrängnißuollm Jahre 1809 in unver»
geßlicher Weise feines Seelsorger»Amteö
und trat mit der ganzen Würde deS
Priesters den bruralen Extravaganzen deS
Franzosengenerals La Bruyäre ent<
egen. Sein Verhalten in jener trüben
Zeit verherrlichte der österreichische Poet
Otto Prechtler durch eine Romanze,
welche öfter abgedruckt wurde. Diese
zweite Invasion hatte dem Stifte noch
größere Summen als die erste gekostet.
Aber noch ein schwereres Unheil traf
dasselbe, als am 13. September 1810 im
tiftsmeierhofe Feuer cmsbrach, welches
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Prokop-Raschdorf, Volume 24
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Prokop-Raschdorf
- Volume
- 24
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1872
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 450
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon