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Nechberg 91 Nechberg
tionsheer (die „Strafbayern") in der
Eigenschaft eineS österreichischen Civil-
Commifsarius zu begleiten und dort
im Auftrage deS Wiener auswärtigen
AmteS die Maßregeln zu treffen, durch
die das kurhesstsche Volk um sein gutes
Recht gebracht und außerdem für seine
Verfassungstreue noch bestraft wurde.
Der Graf, der diese wenig erbauliche
Sendung überhaupt nur ungern über»
nommen, bat nun so lange um seine Ab-
berufung, bis seinen dringenden Gesuchen
endlich willfahrt wurde. Im Jahre 1831
erhielt er die Stelle eines österreichischen
Internuntius in Constantinopel. Als
sein größter Erfolg auf diesem Posten
wird bezeichnet die Regelung der durch
österreichische Schroffheit verfahrenen
Frage der ungarischen Flüchtlinge, indem
er die aus diesem Anlasse mit der Pforte
entstandenen Zwistigkeiten beilegte; ferner
vertrat er mit Energie die berechtigten
Forderungen der Christen von Bosnien,
der Herzegowina und anderer Landes,
theile des osmanischen Reiches, welche
sich gegen die Bedrückungen der Herr»
schenden Macht in Waffen erhoben hat°
ten. Die Schwierigkeiten, die sich ihm
daselbst entgegenstellten, verschafften ihm
die traurige Ueberzeugung von der Un»
tauglichkeit der meisten damaligen öster.
reichischen Agenten im Oriente und ver>
anlaßten ihn, Vorstellungen und Reform»
Vorschläge nach dieser Richtung zu ma-
chen, die jedoch damals ohne Erfolg
blieben, während die geschickte Abwicke»
lung der vorerwähnten verwickelten Ge>
schäfte die Aufmelksamkeit der Staats.
Verwaltung auf des Grafen administrati»
veö Talent richtete. I n Folge dessen
wurde ihm 1883 das Amt eines Civil»
^,6, Illtns des Feldmarschalls Grafen
Radehky in Oberitalien übertragen,'
und nach Aufhebung des BelagerungS zustandes leitete er die Wiedereinführung
der Civilverwaltung in der Lombarde!
und in Venedig. Im Jahre 1888 über-
nahm er den Posten des Bundes'Präsi»
dialgcsandten in Frankfurt, cmf welchem
er bis zu seiner Ernennung zum Minister
der auswärtigen Angelegenheiten blieb,
die am 13. Mai 1889 erfolgte, Als
Minister des Aeußeren und des kcnser.
lichen Hauses hatte er noch längere
Zeit, nämlich bis zum Eintritte des
Erzherzogs Rainer, die Stelle eines
Ministerpräsidenten inne. Auf seinem
letzten Posten traf er bei seinem (Antritte
die mißlichsten Verhältnisse vor und gleich
im Anbeginne thücmten sich immer neue
Schwierigkeiten auf. Oesterreich hatte
einen unglücklichen Krieg geführt, der
mit wiederholten Niederlagen geendet
hatte. I n daö Feldlager deS Kaisers
berufen, brachte der neue Minister die
Präliminarien eincS Friedeng zu Stande,
der nach langen mühseligen Verhandlun»
lungen am 17. October in Zürch zur
Unterzeichnung gelangt. Im Nebligen
gestalteten sich die Verhältnisse deS Kai»
serstaateö zum Auslande in dieser Zeit
auch nichts weniger alü günstig. Preußen
hatte Oesterreich, seinen „natürlichen Ver>
bündeten", im Stiche gelassen und zu
dem oben erwähnten, gelinde gesagt,
höchst nachtheiligen Frieden gezwun»
gen, ja mau sagt diesem „natürlichen
Verbündeten" Oestelieichs die Aufstel»
lung, ja die Annahme eines Vermitte»
lungsantrages nach, der weit ungünsti»
gere Bedingungen als die von Frankreich
in Villafranca gestellten enthalten habe.
In Folge dieser Vorgänge nahm die
diplomatische Haltung beider Großmächte
einen so gereizten Ton an, daß die per»
sönlicde Zusammenkunft beider Souve»
«ine nöthig wurde, um ein einigermaßen
Verhältniß zwischen beiden
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rasner-Rhederer, Volume 25
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rasner-Rhederer
- Volume
- 25
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 446
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon