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Vedtenbacher 419 Nedtenbacher
sorgfältige Behandlung und Genauigkeit
der Beobachtungen nachgerühmt wird.
Ueber die Ursache dieser scheinbaren Un>
thätigkeit geben die Quellen über das
Leben und Wirken dieses Gelehrten mehr
oder weniger grelle Darstellungen', indem
hier der gelindesten, wie sie Herr von
Schrotter in seiner Denkrede auf den
Verewigten gibt, gefolgt wird, erklärt sie
sich dadurch, daß nach R.'s Uebersied»
lung nach Wien die Richtung seiner
Thätigkeit eine andere wurde. Während
er in Prag den Schwerpunct derselben
in die Nrweiterung der Wissenschaft legte,
war es in Wien die Verbreitung dersel-
ben, die er anstrebte. So vertrat er die
Chemie in der philosophischen Facultät
der Universität ganz al le in als ordent»
licker Professor, als Examinator für die
Philosophen, Mediciner und Pharma-
ceulen, deren Zahl jährlich über fünft»
halbhundert betrug, als Berichterstatter
bei Abfassung aller sein Fach betreffenden
Gutachten der medicinischen Facultät, in
manchen Fällen, z. B. bei wichtigen ge<
richtlichen Untersuchungen, als letzte In>
stanz; ferner als Mitglied der Prüfungs»
commission für Lehramtscandidaten der
Realschulen, endlich als Visttator der
48 Apotheken Wiens. Daß bei einer
solchen, den Körper und den Geist er»
drückenden Beschäftigung nicht Zeit zu
wissenschaftlichen Arbeiten blieb, wenn
überdieß der Gelehrte, der täglich die
Lehrkanzel bestieg, durch Lectüre in sei»
nem Fache auf der Höhe der Wissenschaft,
die jeden Tag neue Eroberungen macht,
bleiben wollte, das wird sich doch wohl
leicht erklären. Die Nekrologe rühmen
ihn als Gelehrten, Lehrer und als Men>
schen überhaupt als eine durch Liebens»
Würdigkeit im Umgänge, durch Wohl»
wollen gegen seine Schüler und durch
Urbanität in seinem ganzen Wesen sich kennzeichnende Persönlichkeit, welche Allen,
die Gelegenheit hatten, mit ihm in
näheren Verkehr zu treten, unvergeßlich
bleibt. I n dem zur Betheiligung an
einem zu seinem Gedächtnisse zu errich»
tenden Denkmale erlassenen Aufrufe heißt
eS: „Redtenbacher hat sich durch
seine bedeutenden wissenschaftlichen Lei»
stungen den Anspruch erworben, unter
den hervorragendsten Berufs» und Zeit»
genossen genannt zu werden. Als Lehrer
wußte er seine Schüler zu fesseln und für
die Wissenschaft zu begeistern, im Um»
gange war er ihnen ein edler Freund.
Unter den ungünstigsten Verhältnissen,
nur mit den nothdürftigsten Mitteln aus»
gerüstet, verstand er eS dennoch, durch
Hingebung, durch rastlose Thätigkeit den
Sinn für Arbeit zu wecken und rege zu
erhalten. R. hat den ersten Unterricht
der Chemie nach Oesterreich verpflanzt,
den er — hier der Erste — nach dem
Muster der berühmten Schule Liebig's
organisirte. Er versammelte stets einen
großen Kceis jüngerer Schüler um sich
und zählte die meisten der jetzt lebenden
Chemiker Oesterreichs zu seinen Schü»
lern. . . " Was die Würdigung seiner
Leistungen in der gelehrten Welt betrifft,
so fehlte es nicht daran, der kaiserlichen
Akademie der Wissenschaften gehörte R,
als wirkliches Mitglied seit ihrem Be>
stände durch kaiserliche Ernennung vom
14. Mai 1847 an; überdieß war er Mit»
glied der kön. böhmischen Gesellschaft der
Wissenschaften zu Prag, cocrespondiren»
des Mitglied der chemischen Gesellschaft
zu London, der wetterau'schen Gesellschaft
für Natur» und Heilkunde und noch
mehrerer anderer wissenschaftlicher Ver-
eine; überdieß wurde er mit kcn's. Hand-
schreiben ääc». 26. November 1866 „in
Anerkennung seiner um die Ausbildung
von Artillerie'Ofsicieren im Fache der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rasner-Rhederer, Volume 25
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rasner-Rhederer
- Volume
- 25
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 446
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon